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Andere Länder, gleiche Sitten: Mogelpackung »sambo« in Schweden

Zwei Wörter aus meinem ersten Schwedischsprachkurs werde ich wahrscheinlich nie vergessen: sjuksköterska (Krankenschwester) und sambo (Lebenspartner/in). Das eine, weil ich es nie richtig auszusprechen lernte und das andere, weil es mich damals ungeheuer beeindruckte.

Während Anfang der Neunziger bei uns das unverheiratete Zusammenleben eines Paares immer noch als wilde Ehe bezeichnet wurde und die Vorstellung von Lebenspartner_innen häufig zu Stotteranfällen führten – »… meine Freundin, äh, mein Geliebter, äh Partnerin …« – hatte man in Schweden längst einen eigenen Begriff für diese Beziehungsart gefunden. Wie unsere Lehrerin damals behauptete, soll es angeblich ein Finanzbeamter gewesen sein, der aus tillsammans (zusammen) und bo (wohnen) sambo kreierte, weil die Spalten in den Formularen für andere langatmige Erklärungen einfach zu kurz waren. Wie fortschrittlich man in Schweden doch war!

Sambo. Ensammare än du tror (Lebenspartner. Einsamer als du denkst) heißt ein Buch, das Eva Gabrielsson zusammen mit Gunnar von Sydow schrieb. Es erschien bisher nur in Schweden und beschäftigt mit der Situation von Lebenspartner_innen.

Zu meiner großen Überraschung entpuppt sich das ach so fortschrittliche Schweden als Wunschdenken, denn in der Statistik gelten nur Lebenspartnerschaften mit Kindern auch als solche. Paare ohne Kinder werden selbst nach dreißigjährigem Zusammenleben noch als »ledig« geführt. Aus meinem Land der wilden Ehen, egal welcher sexuellen Identität sie sich dabei zugehörig fühlen, war in drei Sätzen plötzlich das Land der Singles geworden. Zwar beschäftigt sich ein Gesetz mit dieser Lebensform, doch darin wird nur geregelt, wie im Falle einer Trennung die Besitztümer aufgeteilt werden sollen. Sowohl Heteros als auch Lesben und Schwule, die sich rechtlich wirklich absichern bzw. als Familie wahrgenommen werden wollen, bleibt nur der Gang zum Notar oder zum Standesamt.

Und alle anderen gucken wie bei uns in die Röhre. Pech gehabt, Enkelinnen und Oma oder zwei Trans* oder Menschen in einer Senioren-WG, die füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen, sind nichts anderes als zufällig zusammengewürfelte Singles.

Schade. Wieder eine Illusion weniger.

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