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Ein Torwart fühlt sich benachteiligt

Ein Fußballer namens Roman Weidenfeller hat sich darüber geärgert, dass er nicht für die Nationalmannschaft nominiert worden ist. »Vielleicht sollte ich mir aber die Haare schneiden, oder einfach etwas zierlicher werden«, sagte er in einem Interview.

Ganz klar eine Anspielung auf die Gerüchte um den Bundestrainer, der angeblich, vielleicht, nie und nimmer schwul sein soll. Genaues weiß frau nicht und interessiert mich auch nicht. Herr Löw sagt von sich, er sei nicht schwul, also sollte seine sexuelle Orientierung sowieso kein Thema für die Öffentlichkeit sein.

Prompt kochte erneut die Diskussion über Homophobie im Fußball hoch. Ein Herr Bartlau von n-tv meinte, das Problem sei nicht, dass Wiedenfeller Löw für schwul halte, »sondern dass er unterstellt, ein homosexueller Trainer würde nicht nach Leistung aufstellen, sondern nach Aussehen.«

Und ich als Frau erlebe mal wieder: Männer und Frauen leben wirklich oft in verschiedenen Welten. Nur so kann ich mir die Empörung in den Medien erklären. Mal abgesehen vom Sommerloch natürlich.

In meiner Schulzeit gab es den Lehrer X. Bei ihm wurden Noten, die auf der Kippe standen, mit Bein zeigen und viel Lächeln »bearbeitet«. Meines Wissen ist er dafür nie offiziell zur Verantwortung gezogen worden. Wie denn auch? Er wurde weder körperlich noch verbal übergriffig, er guckte einfach nur.

Alle Frauen aus meinem Umfeld können Erlebnisse mit einem Herrn X beisteuern, sei es aus eigener Erfahrung oder als Beobachterin. Die Bluse einen Knopf mehr öffnen, ein etwas kürzerer Rock, dumm stellen und freundlich lächeln – die Liste der Möglichkeiten im Umgang mit Lehrern, Vorgesetzten usw. scheint unendlich. Dabei geht es immer um Eindrücke, Gefühle und nicht um beweisbare Handlungen. Und deshalb lässt sich auch nie wirklich klären, ob eine Frau sich etwas einbildet, durch die vielen schlechten Erfahrungen im Laufe der Jahre einfach übersensibel reagiert oder sie die Situation ganz realistisch erkannt hat und gegebenenfalls auch mal für sich ausnutzt.

»Dass er Löw offenbar für schwul hält, ist dabei nicht einmal das Skandalöse. Vielmehr unterstellt er diesem, dass er nicht nach Leistung, sondern nach Aussehen aufstellt«, schreibt Dirk A. Leibfried. »Homophobie ist in den Stadien der Republik offenbar immer noch salonfähig.« Er nennt das einen »Doppelpass zwischen Homophobie und Dummheit«.

Ja, dumm war die Aussage des frustrierten Torwarts nun wirklich. Liegt wohl daran, dass er ein Mann ist. Als Frau hätte er gewusst, solche Meinungen dürfen nur im kleinen privaten Kreis geäußert werden. Weil diese Art von Bevorzugung bzw. Diskriminierung eben nur ein Gefühl ist.

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