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Rattenfänger auf der Suche nach Organen

Es fehlen Organspender_innen und deshalb müssen wir uns jetzt alle mit diesem Thema beschäftigen, ob wir wollen oder nicht. Menschen, die sich eigentlich nicht mit dem Tod auseinandersetzen wollen, werden nun per Gesetz dazu gezwungen. Ab dem 16. Lebensjahr sollen sie demnächst von ihrer Krankenkasse entsprechende Post erhalten. Und so manch einer wird den Organspendeausweis einfach nur ausfüllen, um nicht weiter damit belästigt zu werden. »Einfach gestrickte« Menschen werden unterschreiben, weil sie wie so oft bei Formularen denken, sie müssten das tun.

Wählen und vieles mehr darf man bei uns erst mit 18 Jahren. Aber Entscheidungen über seine Organe und was im Falle eines Hirntods passieren soll, »darf« man schon zwei Jahre früher treffen? Für mich klingt das nicht logisch, sondern verzweifelt. Nach Rattenfängerei, »junge« Organe sind sicher gesünder und besser zu gebrauchen als zum Beispiel welche von mir.

Als meine Großmutter starb, saßen die Liebste und ich rechts und links von ihr, hielten sie im Arm, streichelten sie und redeten mit ihr, ganz so, wie wir das danach auch an anderen Sterbebetten gemacht haben.  Wäre Oma jünger, Organspenderin und hirntot gewesen, hätte ihr endgültiger Tod anders ausgesehen: Niemand hätte sie im Arm gehalten, sie gestreichelt und mit ihr geredet. Stattdessen wäre sie bei lebendigem Leib ausgenommen worden, während ihr Blutdruck und die Herzfrequenz deutlich angestiegen wären und sie vielleicht sogar noch Arme und Beine bewegt hätte. Eine Vorgehensweise, die bei Schlachttieren verboten wäre, aber bei hirntoten Menschen als normal angesehen wird. Denn eine Narkose würde Kosten verursachen und Transplantationen sind auch so schon teuer genug.

Ich bin übrigens Organspenderin, aber ich weiß nicht, wie ich bei einer Organentnahme von Angehörigen reagieren würde. Und zwar nicht, weil ich mich mit dem Thema nicht beschäftigt habe, sondern ausdrücklich, weil ich mich damit beschäftigt habe.

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