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Unpassendes lesbisches Thema?

Ganz ehrlich, die »Eingetragene Lebenspartnerschaft« geht mir allmählich auf die Nerven. Eigentlich müsste ich glücklich darüber sein, dass sich endlich alle Parteien damit beschäftigen und die Medien inzwischen beinah täglich darüber berichten. Ein Thema, über das ich schon aus rein persönlichen Gründen seit beinah 15 Jahren regelmäßig blogge und für das sich lange nur wenige Menschen interessierten, ist letztendlich im Mainstream angekommen.

Damit allerdings auch im Malestream, wie sich gerade in den letzten Tagen mal wieder mehr als deutlich zeigte. Statt über den Pflegenotstand zu schreiben, eine Sache, die mir momentan ziemlich unter den Nägeln brennt, flehe ich also mal wieder Feminist_innen an, doch bitte auf das Wörtchen »schwul« als Beschreibung für homosexuell ebenso wachsam zu reagieren, wie auf eine Berichterstattung, die mensch mit männlich gleichsetzt … und versuche gleichzeitig, Lesben zu erklären, dass der Skandal der letzten Jauchsendung zu allererst nicht in Frau Reiches homophoben Tiraden besteht, sondern in der Gästeliste und am Aufbau der Sendung … und soll Dritten auseinanderdröseln, weshalb winzige lesbische Einspieler oder der Vater einer lesbischen Tochter an der Unsichtbarkeit an sich nichts ändern.

Seit Bestehen der Karnele trudeln ziemlich regelmäßig über das Kontaktformular Interviewanfragen ein. Anfangs betrafen sie nur eines meiner Bücher, dann tauchten auch regionale Themen auf und mittlerweile geht es beinah ausschließlich um lesbisches Leben und/oder Feminismus. Aus verschiedenen Gründen reagiere ich nur selten wirklich darauf, meist beschränke ich mich auf einen höflichen Absagesatz. Zum einen, weil es Medien gibt, mit denen ich nichts zu tun haben will, zum anderen, weil mir zwei, drei Gruselerlebnisse ziemlich in den Knochen sitzen, ein gebranntes Kind scheut eben das Feuer. Es gibt ja den berühmten Spruch, Hauptsache, der Name sei richtig geschrieben, aber selbst den habe ich bereits verhunzt wiedergefunden, von sinnverzerrten Zitaten ganz zu schweigen.

Auch die Anfrage, die vor ein paar Tagen kam, habe ich erst mit großem Misstrauen betrachtet. Fernsehen? Ich kannte weder die Sendung und der Sender zdfInfo läuft bei uns unter dem Namen »Hitlers Zahnbürste«, denn jedes Mal, wenn wir da reinzappen, erklärt Herr Knopp gerade, wie das mit Hitler alles so gewesen war.

Allein das angefragte Thema und gutes Zureden einer Freundin brachten mich dazu, mich wenigstens mit der Redakteurin zu unterhalten. Außerdem hatte ich festgestellt, bei den bisherigen Clips war noch keiner dabei, der sich mit Homosexualität beschäftigt und es wäre ja schön gewesen, wenn ausnahmsweise mal eine Lesbe und nicht ein Schwuler die Welt erklären würde.

Also telefonierten wir und trotz meiner Bauchschmerzen machten wir schließlich einen Termin aus. Um so erstaunter war ich heute, als ich mich die Absage erreichte: »Die Redaktion sieht das Thema als unpassend in der derzeitigen Konstellation von Folgen …«.

Tja, wenn der Mainstream mit dem Malestream identisch ist, passen Lesben nicht so richtig ins Konzept.

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