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Wulff oder Gauck? Gähn!

Wulff oder Gauck? Bei dieser Auswahl interessiert es mich wenig, wer unser nächster Bundespräsident sein wird und mich verblüfft, wie engagiert derzeit im Internet darüber gestritten wird.

Von unseren ersten Bundespräsidenten, Theodor Heuss, weiß ich nur wenig. Er soll Rotwein geliebt haben und hielt die Jagd für pervers, beides Dinge, die ihn mir sympathisch machen. Sein Frau Elly Heuss-Knapp hat das Müttergenesungswerk gegründet und engagierte sich bereits 1949 für eine Einigung Europas.

An das zweite westdeutsche Staatsoberhaupt habe ich sogar noch eigene Erinnerungen: Sämtliche Erwachsenen in meinem Umfeld schienen sich über ihn lustig zu machen und ich fand es immer merkwürdig, weshalb dieser Mann uns dann regieren durfte. Schließlich hatte man mir im Kindergarten erklärt, wir hätten unseren Kaiser verjagt und dürften nun unseren Präsidenten selbst wählen. Dass es dazwischen noch einen Hitler gegeben hatte, war dabei übrigens nicht erwähnt worden.

Gustav Heinemann war der erste Bundespräsident, den ich bewusst registrierte. Sätze wie »Ich liebe nicht den Staat, ich liebe meine Frau.« und »Eine Gesellschaft zeigt sich daran, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht.« haben mich nicht nur beeindruckt, sondern auch geprägt.

Nach ihm kam Walter Scheel. Er konnte singen und seine Frau gründete die Deutsche Krebshilfe, was meiner Meinung wesentlich wichtiger und nachhaltiger für unser Land war als sein Gesang.

Auch bei dem nächsten Präsidenten, Karl Carstens, hinterließ die Ehefrau bei mir mehr Eindruck als er selbst. Veronika Carstens, eine Ärztin, holte die Naturheilkunde aus der „Spinner“ecke.

Richard von Weizsäcker hielt die berühmte Rede zum 8. Mai. Roman Herzog laberte was von einem Ruck, der durch das Land gehen müsse. Johannes Rau war der einzige Präsident, der mir nicht nur egal war, sondern den ich wirklich nicht leiden konnte. Der scheinheilige Johannes heißt er bei der Liebsten und mir.

In einer Rede am 24. Mai 1974 sagte Gustav Heinemann: »Die Erfahrungen von Weimar haben gelehrt, dass wir beides – Rechtsstaat und Fürsorge – miteinander verbinden müssen. Soziale Grundlegung ist für die Demokratie unerlässlich … Soziale Sicherung gehört zur Grundausstattung aller Bürger in der Industriegesellschaft als sichtbarer Beweis praktizierter Solidarität.«

Seine Frau Hilda, die von sich sagte, sie stehe politisch links von der Mitte, wurde damals zur „Bundesklagemauer“. Sie engagierte sich für Gefangenenbetreuung, Jugendfürsorge, Erziehungsfragen, Frauenarbeit, Weltkinderhilfswerk und Amnesty International.

Ich warte auf den Tag, an dem ein Mann, eine Frau oder Paar für das Amt des Staatsoberhauptes vorgeschlagen werden, die sich als würdige Nachfolger_innen von Gustav und Hilda Heinemann erweisen würden. Wulff und Gauck sind das sicher nicht.

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