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Der Nächste, bitte!

So, jetzt haben wir also mal wieder einen neuen Bundespräsidenten. Joachim Gauck. Er hat das meiner Meinung nach richtige Alter für diesen Job, weil er auf eine weitere Karriere nach seiner Amtszeit keine Rücksicht nehmen muss. Das ist allerdings schon der einzige Vorteil, den ich bei diesem Mann sehe. Das wäre auch der einzige Vorteil gewesen, den ich bei Beate Klarsfeld gesehen hätte. Die Wahlfrau der Piraten, Katja Dathe, hat es auf den Punkt gebracht: Sie könne sich nur zwischen »zwischen einer alten Frau, die ausschließlich über sich und die Vergangenheit redet, und einem alten Mann, der ausschließlich über sich und die Vergangenheit redet« entscheiden.

Als wichtige Nebenwirkung von Beate Klarsfelds Kandidatur war für mich die Neuigkeit gewesen, dass ihr bisher das Bundesverdienstkreuz verweigert worden ist. Ich interessiere mich nicht für Orden, aber ich war selbstverständlich davon ausgegangen, dass eine Frau wie sie längst dieses Ding verliehen bekommen hat. Kein Verdienstkreuz der Bundesrepublik für eine Nazijägerin sagt natürlich mal wieder viel über die Gesinnung der Menschen aus, die darüber zu entscheiden haben. Hat Gauck eigentlich schon ein Bundesverdienstkreuz? Oder kriegen das nur Leute, die zur Verbesserung des Klimas in einem Konzern Prostituierte organisieren oder Mütter von sehr vielen Kindern? Wobei die Mutter, auf die ich hier anspiele, selbst von einer Art verkapptem Mutterkreuz sprach, sich aber nicht traute, die Verleihung abzulehnen.

Klarsfeld habe für ihre Arbeit Geld aus DDR bekommen, heißt es. Ja und? Hätte sie Lischka und Konsorten lieber in Ruhe lassen sollen? Übrigens haben ich und alle anderen Protestant_innen aus dem Westen mit unserer Kirchensteuer jahrzehntelang einen Teil von Herrn Gaucks Gehalt bezahlt.

Nun ist also Gauck unser Bundespräsident. Freiheit! Erinnert mich an 1989. Freiheit, Malboro und Videorekorder und meine Bekannten aus dem Osten, die für eine bessere DDR viel riskiert hatten, verzweifelten beinah an der »Reklame-Revolution«.

Freiheit für alle? Hartz IV Empfänger_innen können damit schon mal nur bedingt gemeint sein. Die Eltern, die zurzeit in Mannheim nach einem Hortplatz suchen, ebenso nicht. Und der körperbehinderte William Geier kann von dieser Freiheit weiterhin nur träumen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie den Staat Geld kosten. Und wer Kosten verursacht, muss mit eingeschränkter Freiheit leben. Hartz IV Empfänger_innen müssen in Gettos umziehen. Eltern ihre Arbeit aufgeben. Und William Geier im Pflegeheim leben.

Aber vielleicht erweitert Joachim Gauck seinen Freiheitsbegriff noch. Jetzt, wo er Präsident ist.

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