Zu den Eigenschaften von Arbeitspapieren gehört es, dass sie bis zu ihrer endgültigen Fassung viele Male überarbeitet werden, ganz egal, ob dies in einem Verein, einem Unternehmen oder in der Politik passiert. Manche werden im Laufe einer Diskussionsphase sogar verworfen und landen im Papierkorb, andere wiederum so lange verändert, bis von ihrem ursprünglichen Anliegen kaum noch etwas zu erkennen ist.
Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn sich der jetzt bekannte Bildungsplan 2015 der grün-roten Regierung Baden-Württembergs anders liest als das ursprüngliche Arbeitspapier. Diese Geschichte könnte als ganz normaler Vorgang abgehakt werden, wäre nicht in den letzten Monaten rund um das Thema LSBTTIQ derartig viel Porzellan zerschlagen worden. Die unglaublich naive Herangehensweise und der zunächst ignorante, später hilflose Umgang mit der Petition des Lehrers Stängle hat für tiefe Gräben in Familien, Lehrer_innenkollegien und Pfarrgemeinden gesorgt, mancherorts regelrechte Nachbarschaftskriege ausgelöst und viele Jugendliche in Angst und Schrecken versetzt.
Norbert Blech schreibt auf queer.de, nur die Taktik, nicht der Inhalt habe sich geändert. Das sieht auch #idpet Grußaugust Peter Hauk so, er spricht von kosmetischen Korrekturen. Lehrer Stängle und das Netzwerk LSBTTIQ hingehen loben das veränderte Papier. Letztere, weil sich inhaltlich wirklich nichts verändert zu haben scheint und man zudem keinen offenen Konflikt mit denen führen will, die über Fördergelder von Projekten entscheiden. Ersterer, weil es ihm gelungen ist, Homohasser_innen bundesweit aus ihren Löchern zu locken, ohne dass es für ihn persönlich irgendwelche negativen Auswirkungen hat. Er darf weiter Jugendliche unterrichten, während schwule und lesbische Schüler_innen und Lehrer_innen noch mehr vor einem Coming Out zurückschrecken als bisher schon.
In der #idpet Szene knallten gestern die Sektkorken. Man hat gelernt, LSBTTIQ Menschen als pädophilen Abschaum und etliches mehr zu bezeichnen, bringt Streicheleinheiten. Also werden sie weiter demonstrieren und ihren menschenverachtenden Dreck in die Öffentlichkeit tragen. Und vielleicht gibt es in zwei Jahren ja eine andere Landesregierung, die diesem Teil des Bildungsplans endgültig den Garaus machen wird. Übrig bliebe von einem ehrgeizigen Projekt dann nur der salonfähige Hass auf alle Menschen, die nicht heterosexuell sind.