»Früher wurden Homosexuelle in Deutschland zu Gefängnis verurteilt. Was für eine glorreiche Zeit für Euch. Niemand steckt Euch ins Gefängnis …«,
schrieb im August ein Herr Wagner in der Bildzeitung. Daraufhin gingen beim Deutschen Presserat 70 Beschwerden wegen Diskriminierung ein.
Nee, Diskriminierung sei das nicht, urteilte der Presserat nun, sondern
»… handelt es sich um eine kritische Positionierung, die man nicht teilen muss, die aber vom Recht auf freie Meinungsfreiheit gedeckt ist.«
Ein Stück weit kann ich dieser Argumentation sogar folgen, denn meiner Meinung nach handelt es sich tatsächlich nicht um Diskriminierung. Unter diesem Begriff verstehe ich etwas anderes, zum Beispiel dass die Eingetragene Lebenspartnerschaft in vielen Bereichen immer noch nicht der Heteroehe gleichgestellt ist.
Die Äußerungen Herrn Wagners waren nicht diskriminierend, sondern schlicht homophob und menschenverachtend. Er oder vielleicht auch die Rechtsabteilung der Bildzeitung wissen eben, wie formuliert werden muss. Nur der klischeehafte tumbe Stammtischbruder schreit heutzutage noch: »Verdrescht die perversen Schwulen!« oder »So’ne Lesbe muss bloß mal durchgefickt werden …«.
Menschen wie Herr Wagner gehen anders vor, um genau diese Stammtischüberzeugungen »unters Volk zu bringen«, ohne dafür juristisch belangt werden zu können. Ich als Lesbe wusste bei seinem Artikel sofort, da hat mir gerade mal wieder einer ins Gesicht gespuckt und mich als minderwertig bezeichnet. Auf eine Art und Weise, die »Unbedarften« so verdammt schwer zu erklären ist, weil die Worte und Sätze ganz anders gemeint sind, als sie vorgeblich aussagen.
Es ist die alte Geschichte vom »Biedermann und den Brandstiftern«, die zwar auch heute noch an vielen Schulen zur Pflichtlektüre gehört, deren Erkenntnis aber einfach nicht umgesetzt wird. Der eine labert von Kreuzfahrten, der andere von glorreichen Zeiten und beide würden jede Mitverantwortung weit von sich weisen, wenn Schwule und Lesben Opfer von Hassverbrechen werden. Homophob sind sie ja nicht, nur kritisch positioniert …