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Schlagwort: Eugenik

Der perfekte Mensch ist nicht homosexuell und hat keine roten Haare

Es muss sehr dramatisch zugegangen sein an jenem Januartag 1938. Die Geburt wollte einfach nicht vorangehen und schließlich stellten die Ärzte meinem Großvater eine Frage. Seine Antwort hat das Leben der nachkommenden Generationen beeinflusst und spielt selbst noch bei denen, die ihn nie persönlich kennengelernt haben, eine Rolle.

Das Kind sei an der Gebärmutter festgewachsen, hieß es, und man müsse nun eine Entscheidung treffen. Sollte die Mutter oder das Kind überleben? Der Familienfama zufolge hat mein Großvater keinen Moment gezögert und sich pragmatisch wie immer erwiesen. Er hatte schon drei Kinder, aber nur eine Frau. So packten die Ärzte den Kopf des Babys mit einer Zange, zerrten es mit brutaler Gewalt hinaus in die Welt und zerquetschten dabei einen Teil des Gehirns.

Zur Überraschung aller überlebte das Mädchen diese Tortour und wurde auf den Namen Inge getauft. Ihre Entwicklung war verzögert, doch bis spätestens zum Schulanfang werde sie den Rückstand aufgeholt haben, erklärte man meinen Großeltern. Angesichts der Zeiten stellten Ärzte eine Bescheinigung aus: Die Behinderung sei eindeutig auf Komplikationen während der Geburt zurückzuführen und beruhe nicht auf einem genetischen Defekt.

Aus dem Termin Schulanfang wurde die Pubertät, und nachdem weder unzählige Ärzte noch ein Geistheiler mit Handauflegen hatten etwas ausrichten können, musste selbst meine Großmutter die Tatsache akzeptieren, dass ihre jüngste Tochter geistig und körperlich schwer behindert war.

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