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Update: Eine kleine Sensation: Fußballerin, Lesbe, verpartnert

Ich war doch sehr überrascht, als ich gestern via des Links „Berlin beantragt eine Öffnung der Ehe“ auf die Nachricht gestoßen bin: Nationaltorhüterin Uschi Holl verpartnert.

Ich hatte keine Ahnung, um wen es sich dabei eigentlich handelt. Einzig das Wort Torhüterin ließ mich messerscharf folgern: Fußball. Erst später kamen mir noch andere Sportarten mit einem Tor in den Sinn, wie z. B. Handball oder Hockey. Doch da hatte mich die Liebste bereits darüber aufgeklärt, dass Uschi Holl erstens tatsächlich Fußball spiele und zweitens gut sei …

Mir wurde wieder mal bewusst, meine Frau hat wirklich noch ein Leben außerhalb unserer Beziehung und unseres Dorfes. Morgens verlässt sie das Haus, um zur Arbeit zu fahren, in ein Kaff ganz in der Nähe von Sinsheim, einem der Austragungsorte der Frauenfußballweltmeisterschaft 2011. Dort ist sie umgeben von Männern und eingefleischten Fans des TSG Hoffenheim, und weil sie die einzige erkennbare Lesbe weit und breit ist, wird selbstverständlich vorausgesetzt, sie muss auch eine Expertin in Sachen Frauenfußball sein.

In den letzten Monaten ist viel über schwule Fußballer geredet, geschrieben und über die Gründe spekuliert worden, warum sich bisher noch kaum jemand geoutet hat. Immer wieder war zu hören, in der Fußballszene herrsche die Homophobie pur.

Mich interessiert Fußball zwar wenig, aber selbst mir war im Laufe der Zeit unangenehm aufgefallen, dass es bei dieser Diskussion mal wieder nur um die Männer, um die Schwulen ging. Lesbische Fußballerinnen, ob sie sich outen, ob sie ebenfalls von Homophobie betroffen sind, ja, ob es sie überhaupt gibt, spielten in den Massenmedien keine Rolle.

Bald offen lesbische Weltmeisterinnen? wurde letzten November im l-mag Blog gefragt und ein Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW vorgestellt. Im Vorlauf der WM soll für Sichtbarkeit und Selbstbewusstsein von lesbischen Fußballerinnen gekämpft werden. Weiter stellt die Autorin fest: Fehlt nur noch die offizielle lesbische Coming-out Beauftragte, um die jahrelange Farce zahlreicher nicht offen lebender Fußball-Nationalspielerinnen zu beenden.

Die Torhüterin Uschi Holl hat nun als Erste diesem Versteckspiel ein Ende gemacht … und all diejenigen, die bereits seit Jahren auf das Outing einer bekannten Fußballspielerin gewartet, manchmal es sogar lautstark eingefordert haben, scheinen diesen bedeutenden Moment verpasst zu haben. Wenigstens außerhalb von Köln. Dort berichtet die Boulevardzeitung Express über die Verpartnerung: Uschis Glück heißt Carina.

Ich selbst bin ja auch nur über einen Umweg darauf gestoßen und habe die Meldung auf einer Seite gefunden, wo ich sie erst mal nicht erwartet hätte. Woran lag es? Sommerpause? Männerfußball WM?

Also gratulieren wir von hier aus Uschi Holl, wünschen ihr und ihrer Partnerin alles Gute und bedanken uns für ihren Mut, sich als Fußballerin öffentlich geoutet zu haben. Es bringt uns Lesben in Sachen Normalität wieder ein Stückchen weiter.

© Nele Tabler 2010

Update:

Nadine Angerer hat inzwischen auch Stellung bezogen:

Nadine Angerer post-lesbisch?

Postlesbisch ist doch eine wundervolle Wortschöpfung :-)

Das Outing für die Herren sollte sie dabei wohl gleich mit übernehmen. Anders kann ich mir diese Schlagzeile nicht erklären:

Der 1. deutsche Fussballer outet sich!

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