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Amtliche Lebenspartnerschaft alias Homoehe

Es ist neun Jahre her, seit die Gründung einer – offiziellen Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwulen in Deutschland möglich ist. Und wie ich hier schon mehrmals erwähnt habe, gehörten die Liebste und ich mit zu den ersten Paaren, die damals das neue Gesetz in Anspruch genommen haben. Seitdem lautet unser Familienstand »verpartnert« und wird im Amtsdeutsch mit dem Kürzel »LP« ausgedrückt.

Die ersten drei Jahre nach unserer Verpartnerung waren wir geduldig gewesen und haben Fragen wie: »Was ist denn das?« – »Was sind Sie?« freundlich lächelnd beantwortet. Dass auf diversen Formularen unser Status nicht auftauchte, störte uns lange nicht. Es wäre Geldverschwendung gewesen, Berge von Papier einfach zu wegzuwerfen, nur weil es in diesem Staat plötzlich neben ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet noch einen weiteren Familienstand gab.

Irgendwann jedoch begann uns das fehlende »verpartnert« oder »LP« zu stören. Was von uns als normale Übergangszeit schweigend in Kauf genommen worden war, hatten zuständige Menschen und Ämter wohl interpretiert als »Da kann man es sehen, die Lesben und Schwulen haben ja nicht mal selbst Interesse daran, als verpartnert aufzutauchen. Sonst würden sie sich ja beschweren.«

So reagierte man denn auch von irritiert über erstaunt bis empört auf unsere ersten Nachfragen und Hinweise auf den Familienstand verpartnert. Das Finanzamt teilte uns mit, da wir die gleiche Steuerklasse wie Ledige hätten, sei es die natürlichste Sache Welt, uns dann auch als ledig zu führen. Ein Jahr später wurde diese Erklärung mit dem Zusatz wiederholt: »Ein Polygamist kann schließlich auch nur eine Ehefrau auf der Steuerkarte eintragen lassen und erhält keine Extrawürste.«

Wir gewöhnten uns an, bei solchen Gelegenheiten handschriftlich ein Kästchen mit dem Wort »verpartnert« einzufügen. Ein Mitarbeiter eines BAföG-Amtes fand das lustig. »Wo kommen wir denn da hin, wenn alle anfangen, ihre Lebensgefährten und Freunde einzutragen«, fragte er lachend. Trotz unserer Urkunde brauchte er eine ganze Weile, bis er den Unterschied zwischen einer normalen Partnerschaft und einer Lebenspartnerschaft begriffen hatte und es so ausdrückte: »Das eine ist eine wilde Ehe, das andere eine Homoehe.«

»Was ist denn verpartnert?« wurde die Liebste bei einem Bewerbungsgespräch gefragt und sollte als Nächstes die Frage beantworten: »Weshalb wird das nicht Ehe genannt?«

Unsere Erfahrungen im Jahr 2006, als wir uns nach unserem Umzug in der neuen Gemeinde anmeldeten, habe ich hier bereits ausführlich geschildert.

Vor einigen Monaten musste ich mich in einem Krankenhaus anmelden. Name, Wohnort, Krankenkasse – alles normal und kein Problem. »Familienstand?« Ich hatte die altbekannte Auswahl zwischen ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet. »Familienstand unbekannt« stand auch noch zur Verfügung, hätte aber gleichzeitig bedeutet, ich würde entweder im Koma liegen oder sei schwer dement und könnte deshalb keine Angaben machen.

Mehr als acht Jahre nach Einführung der Lebenspartnerschaft wurde diese in den Krankenhäusern Baden-Württembergs immer noch nicht zur Kenntnis genommen. Sie tauchte weder bei der Verwaltungssoftware noch auf irgendwelchen Formularen auf, wie mir auch mehrere Krankenschwestern aus verschiedenen Kliniken bestätigten. In der schlimmsten Konsequenz hätte das bedeuten können: Da es in den Unterlagen keine Angaben zum Familienstand gibt, erhalten die jeweiligen Partner_innen von Lesben und Schwulen im Notfall trotz der anderslautenden gesetzlichen Regelung auch keine Auskünfte.

Manfred Bruhns vom LSVD, bei dem ich mich noch mal ausdrücklich bedanken will, schrieb deshalb einen Brief an das zuständige Ministerium und von dort erging die Anweisung an die Krankenhausverwaltungen, diese Sache in Ordnung zu bringen. Inwieweit das auch geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Liebste und ich haben jedenfalls vorsichtshalber eine Kopie unserer »Verpartnerungsurkunde« in der Brieftasche, um im Falle eines Falles sofort einen Beweis unserer Zusammengehörigkeit vorlegen zu können.

Letzten Freitag, nachdem ich mich wieder einmal über einen BAföG-Antrag geärgert hatte, habe ich das Bundesverwaltungsamt angeschrieben und nachgefragt, wann man dort endlich die Formulare zu ändern gedenkt. Die Antwort kam prompt:

»… auf Ihren Hinweis hinsichtlich der Möglichkeit die richtige Bezeichnung des Familienstandes in die Formulare eintragen zu können, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die entsprechende Umsetzung für die Formulare des Bundesverwaltungsamtes mit der nächsten Systemaktualisierung geplant ist …
Inwieweit entsprechende Änderungen für die Vordrucke und Formulare der verschiedenen BAföG-Bewilligungsstellen (Studentenwerke/Ämter für Ausbildungsförderung) geplant sind, ist mir nicht bekannt. Ich bitte den entsprechenden Hinweis ggf. an das für Sie im Bewilligungsverfahren zuständige Studentenwerk zu senden.«

Aufgrund unserer Erfahrung übersetze ich das mit: »Nur dort, wo Sie Krach schlagen, es öffentlich machen, darüber bloggen und twittern, den LSVD einschalten, juristischen Beistand suchen … sind wir bereit, diesen Familienstand zur Kenntnis zu nehmen.«

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