Zum Inhalt springen

Das Fitnessprogramm, Teil 3

Nachdem sich Schwimmen für Landlesben als beinah nicht durchführbar und Joggen als zu schmerzhaft herausgestellt hatte, war guter Rat teuer. Trotzdem waren wir weiter fest entschlossen, fit und fittiger in zu werden und wandten uns nach der Lektüre des letzten Krankenkassenheftchens deshalb den Heimtrainern zu.


Unser erster Versuch galt einem Laufband. Natürlich einem Mechanischen. Für ein Topgerät wie frau sie aus dem Fitnessstudio kennt, hatten wir kein Geld. Bei Otto Neckerquelle bestellt wurde es uns nach wenigen Tagen ins Haus geliefert. Die Liebste, technisch wesentlich geschickter als ich *), konnte die Einzelteile auch ganz schnell zu einem Ding, das richtige Ähnlichkeit mit dem Bild auf der Verpackung hatte, zusammenbauen.

Nicht mit geliefert worden war leider das laut der Anleitung unbedingt nötige Silikon – Spray. Hier nicht für eine Busenvergrößerung gedacht, es sollte die Lauffläche geschmeidig halten. So mussten wir den Trainingsbeginn weitere fünf Tage bis zu unserem nächsten Ausflug in die große Stadt verschieben. Fünf Tage, in denen das Laufband sich derweil erst einmal einleben konnte und mit uns zusammen Fernsehen guckte.

Am sechsten Tag ging es dann richtig los. Von der Tagesschau um acht bis zu den Tagesthemen um halb elf liefen wir und liefen. Die Beine bewegten sich auf dem grünen Gummi fast von alleine und mit den Händen hatten wir uns an der Stange festgekrallt. Dabei behielten wir uns gegenseitig und die Uhr argwöhnisch im Auge, damit ja nicht eine von uns beiden einige Kilometer mehr lief und vielleicht schneller als die andere fit und fittiger wurde.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich das Gefühl, dass sich mein Oberkörper von den Halswirbeln über die Schultern bis in die Fingerspitzen in ein einziges hartes Brett verwandelt hatte. Mit ruckartigen Bewegungen ging ich Richtung Bad und hörte durch die verschlossene Tür die Liebste stöhnen. »Meine Knie, aua, meine Knie.«

Unser Hausarzt, der an diesem Morgen zu seinem wöchentlichen Hausbesuch bei Oma vorbeikam, hatte nach einem Blick auf das Laufband für uns nur ein müdes Lächeln übrig, als wir unser Leid klagten und Schmerzmittel oder vielleicht noch besser eine Einweisung in eine orthopädische Klinik verlangten. Er meinte, dieses Laufband sei bestens geeignet … für den nächsten Sperrmülltermin.
Als wir ihn fragten, welche Sportart er denn vorschlagen würde, empfahl er, nein nicht Togal, er empfahl: Fahrrad fahren.

Die Liebste und ich schluckten. Wir besitzen keine Fahrräder und nach einem kurzen Blick ins Anzeigenblättchen wurde uns klar, dass wir uns bei diesen Preisen derzeit nicht mal gebrauchte Fahrräder zulegen konnten. Mich bekümmerte das allerdings weniger. Seit mir einmal eine Fahrradfahrerin auf der Motorhaube meines Autos liegend durch die Windschutzscheibe zunickte, habe ich Angst davor, mich auf einem Fahrrad ins Verkehrsgetümmel zu begeben. Nebenbei bemerkt: Natürlich lag die Schuld eindeutig und allein bei der Fahrradfahrerin.

Drei Tage später lag das Laufband in seine Einzelteile zerlegt im Schlafzimmer unter dem Bett. Seinen Platz im Wohnzimmer vor dem Fernseher hatte ein Heimfahrrad eingenommen. Knallorange und fast 30 Jahre alt. Eine Art Erbstück in meiner Familie, das immer wieder mit großer Begeisterung weitergegeben wird. Von den fünf Gängen ging nur noch einer. Das Schutzblech über der Kette war verbogen, und der Sattel hing schief in den Federn. Uns konnte das nicht schrecken. Die beiden wichtigsten Teile, Tachometer und Kilometerzähler zur Kontrolle unserer Leistung, funktionierten noch einwandfrei. Und die Liebste machte sich gleich daran, das Blech gerade zu biegen und den Sattel in waagrechte Stellung zu bringen. Dafür durfte sie auch die ersten drei Kilometer fahren, obwohl das Fahrrad ja eigentlich aus meiner Familie stammte.

Bei der Lindenstraße einige Tage und 150 Kilometer später, gerade als Tanja der Franziska endlich per Haarteil ein wenig näher kommen wollte, hörten wir ein merkwürdiges Geräusch. Knirsch, krach, boing. Der Sattel geriet wieder in Schieflage und die beiden Federn bohrten sich in meine Sitzfläche. Fast gleichzeitig kippte ich mit dem ganzen Fahrrad um. Während meine Füße in den Pedalen hängen blieben, löste sich der Lenker aus der Verankerung und flog Richtung Sessel. Unsere Hündin, die dort ein Nickerchen machte, konnte sich in letzter Sekunde vor dem Geschoss durch einen Sprung auf die Couch retten und versteckte sich hinter dem Vorhang.

*) was so ganz nebenbei gelegentlich bei gewissen Heten den Verdacht bestärkt, sie übernehme in unserer Beziehung den männlichen Part, doch das wäre jetzt ein anderes Thema.

Auf der Karnele werden Cookies gesetzt, z.B. von Anbietern verschiedener Wordpress Plugins und IONOS, dem Webhoster. Wenn Du hier weiterliest, akzeptierst Du deren Verwendung.