Nach vielen Diskussionen haben sich die Koalitionsparteien Baden-Württemberg endlich geeinigt: Die Gleichstellung der verpartnerten Beamt_innen erfolgt rückwirkend ab 2006. Ich persönlich halte das für einen fairen Kompromiss, beide Seiten haben »drei Jahre nachgegeben« und man hat sich in der Mitte getroffen. Der Käs ist gegessen, könnte man nun sagen und wieder zur Tagesordnung übergehen, wäre da nicht der SPD Landtagsabgeordnete Nikolaos Sakellariou.
Viele Bürger_innen in Baden-Württemberg haben wahrscheinlich sowieso nicht richtig verstanden, worum es eigentlich ging. Das Beamtenrecht ist für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln, von dem sie nur zu wissen glauben: »Beamt_innen haben ein bequemes Leben und dürfen ihre Mitmenschen ärgern.« Darüber hinaus erleben die Liebste und ich immer wieder, dass auch das Konstrukt der Eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht wirklich bekannt ist. Der Unterschied zur heterosexuellen Ehe wird nicht begriffen und manchmal bedarf es selbst bei Steuerberater_innen, die es eigentlich besser wissen müssten, noch ausführlicher Nachhilfe.
Abgesehen von den Menschen, die sich aus persönlichen oder politischen Gründen mit dem Thema der rückwirkenden Anpassung an das Beamtenrecht befasst haben, werden in einem Jahr viele diese Debatte längst vergessen haben. Erinnern werden sie sich stattdessen noch lange an etwas anderes: Da war doch mal was mit gierigen Schwulen und Lesben, die auf Kreuzfahrt gehen wollen. Und so manch verzweifelte Schleckermitarbeiterin ist wahrscheinlich bis an ihr Lebensende fest davon überzeugt, dass irgendwelche mysteriöse Zahlungen an homosexuelle Beamt_innen letztendlich etwas mit ihrer Arbeitslosigkeit zu tun hatten.
Es gibt eine Art von Homophobie, die hier in Deutschland immer weniger Schaden anrichten kann. Selbst Freund_innen, die in der katholischen Kirche zuhause sind, schalten auf Durchzug, wenn der Papst oder andere Talarträger über Homosexualität schwadronieren. Das Thema ist vergleichbar mit der Antibabypille oder dem Sex vor der Ehe, hier lassen sie sich keine Vorschriften machen und legen die Bibel auf ihre Weise aus. Wenn der CSU Abgeordnete Norbert Geis mal wieder in einer Talkshow auftritt, wird er nur noch von denen ernst genommen, die sowieso schon seine Meinung teilen. Auf diese Art der Homophobie können wir Lesben und Schwule gemeinsam mit vielen Heterosexuellen gut reagieren. Man kann sie zum Thema machen, darüber berichten, diskutieren, sie ist greifbar und leicht verständlich. Die besten Gegenargumente sind sowieso geoutete Kolleg_innen oder Nachbar_innen, mit denen man sich gut versteht, die ganz »normalen« Mitmenschen eben.
Gegen die subtile Homophobie lässt sich dagegen nur schwer etwas machen. Sie wird oft noch nicht einmal von den Betroffenen selbst erkannt, nicht verstanden, setzt sich irgendwo in Gehirnwindungen fest. Ein langsam schleichendes Gift, das aktuell in Baden-Württemberg zu Meinungen führen kann wie »Lesben und Schwule sind schuld, dass nicht genug Geld für den Kitaausbau da ist. Meine lesbische Kollegin ist zwar ganz sympathisch, aber als Gruppe sind Homosexuelle grässlich.«
Meines Wissens hat sich bisher die SPD Baden-Württemberg nicht von dieser Art der Homophobie und von den Aussagen ihres Abgeordneten distanziert. Schweigen heißt Zustimmen. Ganz besonders am Internationalen Tag gegen Homophobie.