Zugegeben, das sogenannte Sparpaket betrifft die Liebste und mich momentan nur indirekt. Einzig die Erhöhungen der Strompreise durch die geplante Brennelementesteuer werden wir an unserem Geldbeutel merken. Da wir beide nicht fliegen, interessiert es uns wenig, ob die Flugpreise angehoben werden. Schwangerschaften sind bei uns nicht mehr zu erwarten und deshalb könnte uns sogar das Elterngeld egal sein. So bleibt einzig die Angst übrig, irgendwann in die Klauen von Hartz IV zu geraten und dann erfrieren zu müssen, vielleicht auch zu verhungern, je nachdem zu welcher Jahreszeit es uns gerade treffen sollte.
Eine Welle der Empörung ging in den letzten Tagen durch dieses Land und immer wieder war von der sozialen Unausgewogenheit zu hören. Dabei ist es bereits fünf Jahre her, dass der Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland aufgelöst wurde. Es waren nicht CDU oder gar FDP, die das zu verantworten haben. Nein, eine rot-grüne Regierung hatte unter dem Begriff »Agenda 2010« ungefähr zwanzig Prozent der Bevölkerung den Krieg erklärt und so wunderbare Begriffe wie »fördern und fordern« kreiert. Sie führte dabei konsequent fort, was sie seit ihrem Amtsantritt 1998 angeleiert hatte.
Viele mögen es bereits vergessen haben, doch eine der ersten Gesetzesänderungen war gewesen, all diejenigen, die von ihrem eigentlichen Gehalt nicht leben konnten und deshalb sich mit Putzen, Zeitungsaustragen und Kellnern ein Zubrot verdienten, als Parasiten zu bezeichnen. Sie wären nicht bereit, mit den Arbeitslosen die Jobs zu teilen, hieß es. Ein exorbitanter Steuersatz auf den Zweitverdienst sorgte z. B. dafür, dass von den 500 DM, die eine Bekannte mit Putzen des Kindergartens verdiente, nur noch 250 DM übrig blieben. Um weiterhin die Miete bezahlen zu können, musste sie sich noch eine dritte Stelle suchen und ihre wöchentliche Arbeitszeit stieg von 60 auf 80 Stunden.
Danach ging es Schlag auf Schlag, alle paar Monate kam etwas Neues, irgendetwas wurde teuer, eine medizinische Leistung wurde gestrichen. Du siehst schlecht? Pech gehabt, hast halt bei den falschen Genen »Hier« geschrien. Wenn Du schlecht hörst, geht es Dir nicht anders.
»Wie? Du kannst Brillengläser für 200 € nicht bezahlen? Dann nimm einen Kredit auf«, ließ die Gesundheitsministerin einem Nachrichtenmagazin ausrichten.
Schließlich kam Hartz IV, sozusagen die Meisterleistung von rot-grün. Der Erfinder und Namensgeber erhielt dafür sogar einen Orden. Ob er im Gegenzug die Regierung ebenfalls mit Prostituierten versorgt hat, weiß ich nicht – für möglich halte ich mittlerweile alles.
Nun ging es nicht mehr nur um Brillen und Hörgeräte. Ein Diabetiker soll die Zuckermessstäbchen (ca. 70 Cent pro Stück) von den 340 € selbst bezahlen. Kinder von arbeitslosen Eltern brauchen keine Nachhilfe und werden mancherorts sogar bei den Agenturen für Arbeit vorgeladen und müssen sich fragen lassen, wie lange der Staat sie noch versorgen soll und ob es bei ihrem IQ nicht angebrachter wäre, die Schule zu verlassen, anstatt Abitur machen zu wollen.
Während Herr Schröder weiter Armani-Anzüge trug, Adoptionsgesetze zu seinen Gunsten sehr großzügig ausgelegte, Prozesse darüber führte, ob er nun seine Haare färbte oder nicht, machte sich immer mehr die Angst breit. Nur nicht arbeitslos werden, fast alles in Kauf nehmen, bloß nicht Hartz IV ausgeliefert werden.
Eine riesige Print-on-Demand Druckerei zahlt z. B. mittlerweile nur noch die Hälfte des üblichen Tariflohns und bei Arbeitnehmer_innen ist von Weihnachts- oder Urlaubsgeld schon lange keine Rede mehr. Ein grüner Abgeordneter beschimpfte die Arbeitslosen als Loser, die nur vor dem Fernseher säßen und Kohlehydrate in sich hineinstopften – ohne dass seine Partei ihm die rote Karte zeigte und die verbalen Ausfälle von SPD Sarrazin sind auch mehr als bekannt.
Wen wundert es eigentlich, wenn bei dieser Steilvorlage die jetzige Regierung noch eins draufsetzt und der Meinung ist, wer Hartz IV bezieht, kann ruhig frieren und braucht kein Elterngeld. Verhütungsmittel übrigens auch nicht, wie rot-grün bereits zuvor festgelegt hatte, aber dafür sind sie ja alle zusammen bereit, für Abtreibungen zu bezahlen. Irgendwie muss sich das Problem mit diesem Prekariat doch lösen lassen. Hartz IV Kinder lernen nicht mehr schwimmen und ertrinken, im nächsten Winter erfrieren vielleicht mehr als die lächerlichen Zwanzig in der letzten Kälteperiode. Diabetiker_innen, die ihren Zucker nicht kontrollieren können, geben auch schneller den Löffel ab, ganz zu schweigen von all denen, die sich nicht mehr sicher im Straßenverkehr bewegen können, weil sie keine vernünftige Brille haben.
Natürlich kotzen mich die CDU und FDP und allen voran Westerwelle an, aber von denen habe ich nichts anderes erwartet. Wütend macht mich die SPD, die jetzt so tut, als hätte sie nie etwas mit Hartz IV zu tun gehabt. Wenn ich lese, dass behinderte Kinder von Hartz IV Eltern keinen Anspruch auf Mehraufwand (=Förderung) haben, würde ich am liebsten all die grünen Abgeordneten, die damals dafür gestimmt haben, stundenlang persönlich anbrüllen. Denn, verdammt noch mal, dass sie uns das einbrocken konnten, lag auch an meinem Kreuzchen auf dem Wahlschein.