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Nicht die Belästigung ist das Problem, sondern die Frau

In meiner Timeline tauchen immer mal wieder Tweets eines gewissen Rechtsanwalts auf. Manchmal sind es recht nützliche Hinweise, trotzdem stößt mir sein Name jedes Mal sauer auf. »Polizistin nutzt Facebook als Pranger«, heißt sein neuester Blogeintrag, in dem er sich über die Sportlerin Ariane Friedrich echauffiert. Ihr Verbrechen: Nach unzähligen sexuellen Belästigungen ist ihr der Kragen geplatzt.

»Ein gutes Vorbild ist sie damit sicher nicht. Und was man davon halten soll, dass selbst eine Polizistin der Polizei offenbar nicht zutraut, ihren Job zu machen, ist noch eine ganz andere Frage. Strafanzeige will Friedrich laut den Berichten nämlich erst noch erstatten«,

schreibt der Rechtsanwalt, der den Grimme Online Award 2011 in der Kategorie «Information” gewonnen hat.  Wenn er sich mit sexueller Belästigung bis hin zu Morddrohungen gegenüber Frauen im Internet schon einmal beschäftigt hätte, wüsste er natürlich, dass entsprechende Strafanzeigen beinah nie zu einem Ergebnis führen, entsprechende Ermittlungen umgehend wieder eingestellt bzw. manchmal noch nicht mal aufgenommen werden und viele Frauen sich danach noch gedemütigter und verängstigter fühlen als bereits zuvor.

Da er sich aber lieber damit vergnügt, bei belästigten Frauen noch mal nachzutreten und sie wegen ihres angeblichen Fehlverhaltens an den Pranger zu stellen, eben genau das zu tun, was er Friedrich nun vorwirft, hat er natürlich keine Ahnung, wie es Frauen ergeht, wenn sie Anzeige erstatten. Jenes Pimmelfoto, das der Belästigter in diesem Fall gemailt hat, würde wahrscheinlich analog zu der geschmacklosen Prosa als geschmacklose Fotokunst oder so ähnlich bezeichnet, verharmlost und verniedlicht werden. Immer versehen mit einem zwar unausgesprochenen, aber hörbaren unterschwelligen Rüffel »Was stellt Ihr Weiber Euch denn so an? Seid doch froh, wenn Ihr mal so was zu Gesicht bekommt.«

Nicht die sexuelle Belästigung ist das Problem, sondern die Frau, die sie nicht mehr ertragen will. Wenn eine tatsächlich mal die Klappe aufmacht, anstatt solche Ratschläge wie: »Bloß nicht den Stalker mit Öffentlichkeit reizen!« zu befolgen, dann hat sie die Regeln des stillschweigenden Erduldens gebrochen. Und das geht ja nun mal gar nicht, weshalb sie dann auch zur Strafe auf bewussten Blog am Pranger landet.

Liebe Twitterfollower, tut mir einen Gefallen, und verschont mich in Zukunft mit seinen Tweets.

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