„Die Gelassenheit, mit der Kristina Schröder im Saal auf die Twitter-Aktivistinnen reagiert hat, belegt ja gerade die Vertrautheit der Ministerin mit den neuen Medien.“
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Netzwerken mit Gedächtnisschwund
Gestern habe ich gelesen, dass google+ nun für alle offen ist. So was aber auch, was mache ich denn jetzt mit den 150 Einladungen, die ich noch nicht verschickt habe? Nicht genutzt habe, weil ich auf Twitter und Facebook in den letzten Wochen immer wieder lesen konnte: »Invites für google. Wer will noch? Wer hat noch nicht?« Für mich war eigentlich klar, dass alle Interessierten schon längst einen google+ Account haben. Was sollte dieses elitäre Gehabe mit den Einladungen? Es erinnerte mich ein bisschen an die Großmutter, die all ihren Enkel_innen ins Ohr flüstert: »Du bist mein Liebling. Aber psssst, das dürfen die anderen nicht wissen.«
Anfangs wollte ich bei google gar nicht mitmachen, schon weil ich nicht begriff und bis jetzt auch noch nicht begriffen habe, wozu noch ein Netzwerk? Doch dann trudelten die Invites bei mir ein. Meine Kontakte auf Facebook ließen google ihre Listen abgleichen, andere Menschen dachten ganz privat an mich und wollten mir einen Gefallen tun. Manche werden vermutlich auch vom schlechten Gewissen geplagt worden sein, weil sie immer wieder lesen mussten: »He, warum hast du die 150 Einladungen noch nicht genutzt! Willst du deine Bekannten nicht am wunderbaren neuen Googleuniversum teilnehmen lassen? Egoistisches Pack!«
Irgendwann habe ich nachgegeben, mir gingen diese Mails allmählich auf die Nerven. Rein bei google, meinen Namen eingegeben, mich wieder ausgeloggt und zwei Tage später konnte ich meinen Account schon nicht mehr finden, weil ich vergessen hatte, mit welcher Mailadresse ich mich angemeldet hatte. Mir war das egal, nur ein bisschen peinlich, als mich zwei Menschen ihren Kreisen hinzufügten oder so ähnlich, vielleicht war es auch ihr Karma oder ihre Aura. Ich hatte nämlich keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Bestätigen? Ebenfalls einen Kreis anlegen? Gut, den einen Namen kannte ich und ich beschloss, bei Gelegenheit mal nachzufragen. Vorausgesetzt natürlich, ich würde mich erst mal selbst finden – das Wort Selbstfindung bekommt in den Zeiten des Social Networkings eine ganz neue Bedeutung, wenigstens für mich.
Youtube zwang mich dann, endlich in die Gänge zu kommen. Als ich ein Filmchen mit unseren Hunden hochladen wollte, erhielt ich die Mitteilung: »Das geht jetzt nur noch mit einem Googlekonto! Ätsch, bätsch, irgendwann und irgendwie kriegen wir dich. Uns entkommt niemand!« Mal abgesehen davon, dass es bestimmt eine halbe Stunde dauerte, bis ich den Unterschied zwischen einem normalen Konto bei google und einem Account bei google+ begriffen hatte, brauchte ich noch mal so lange, um alles in Ordnung zu bringen. Diesmal habe ich mir dann die Daten aufgeschrieben, ich bin ja lernfähig, meistens jedenfalls.
Heute Morgen konnte ich auf Facebook einen Post von gestern nicht mehr finden. Nur die Mitteilung, dass zwei Menschen dieser Link gefallen habe, ist noch da. Glücklicherweise, denn erst hatte ich überlegt, ob das Ganze vielleicht in einem anderen Netzwerk online gegangen wäre. Ab und zu verliere ich nämlich den Überblick und logge mich bei Xing ein, obwohl ich eigentlich zu Twitter wollte oder so. Meistens ist es ja egal, nur ab und zu wird es unangenehm, wenn ich den falschen Leuten irgendwelche Informationen zukommen lasse, die sie absolut nichts angehen.
In der Facebookwelt wollte ich mich eigentlich auch nie tummeln. Aus reiner Neugierde hatte ich mir vor langer Zeit mal einen Account zugelegt, doch als ich ihn löschen wollte, stellte sich heraus, so einfach ging das gar nicht. Damals jedenfalls, inzwischen soll sich das ja geändert haben. Bis vor einiger Zeit jedenfalls lautete die Parole: »Einmal bei Facebook, immer bei Facebook«. Deshalb waren die Kündigungsmodalitäten irgendwo im Kleingedruckten versteckt und noch nicht mal mit einer Lupe zu finden. So wurde mein Account nur vorübergehend stillgelegt und später wieder aktiviert. Zähneknirschend, mir blieb nichts anderes übrig, denn inzwischen heißt es immer häufiger: »Weitere Informationen auf unserer Facebookseite.«
Na ja, ehrlicherweise muss ich zugeben, inzwischen schätze ich dort auch ein paar Dinge. Seit meine Schwägerin eine Familiengruppe gegründet hat, fließen die Informationen schneller und vor allem wesentlich ausführlicher als vorher. Und neuerdings kann ich sehr zeitnah auf Fotos und Videos beobachten, wie eines meiner Kinder zusammen mit anderen Forschungstaucher_innen im Golf von Mexiko nach Überbleibsel der Mayas taucht. Hier hat Facebook die Welt wirklich auf Dorfgröße schrumpfen lassen.
»Ich will dich was fragen, warum finde ich dich nicht bei Formspring?« – »Dann frag mich doch jetzt …« – »Nee, ich mach das nur über Formspring.« Was mir wie Realsatire vorkommt, bezeichnen die Alphatiere des Netzwerkens als normales Kommunikationsverhalten einer anderen Generation. Ihrer Meinung nach liegt es an meiner Dreifach-Behinderung (Frau und Mutter und Angehörige der Generation 50 plus), dass mir nicht einleuchtet, weshalb Fragen über Formspring gestellt werden müssen. Was soll ich sagen? Auch hier habe ich nachgeben. Neuerdings habe ich sogar dort einen Account. Nele Tabler, geboren 1911, ein bisschen Verwirrung muss sein. Und wenn mir wieder einfällt, mit welchen Angaben ich mich angemeldet habe, könnte ich sogar Fragen beantworten. Vielleicht. Falls ich die Antworten nicht auf Xing poste.
7 Millionen Adressen und 3000 followers
Von der Diskussion bei Illner um die Gefahren und Vorteile des Internets haben wir nur den Anfang mitbekommen. Bereits nach fünf Minuten stöhnten wir wie Homer Simpson: »Langweilig!«
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