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Toll(l)erante Firlefanzwoche bei der ARD

Seit den #idpet Kommentaren kann ich die Worte Toleranz, tolerant, tolerieren nicht mehr hören. Aussagen wie „Selbstverständlich tollleriere ich Schwule … solange sie in ihren vier Wänden bleiben.“ oder „Tollerans nur, wenn unsere Kinder in Ruhe gelassen werden!“ wiederholten sich dort ständig. Sehr auffällig war dabei, wie viele der Kommentator_innen Schwierigkeiten mit der richtigen Schreibweise haben.

Erst zu diesem Zeitungspunkt wurde mir bewusst, dass sowohl ich als auch mein näheres Umfeld nur selten von Toleranz sprechen und wenn doch, ist es meist ironisch gemeint. „Wir sind ja soooo tolerant“, bedeutet in der Regel: „Wenn wir könnten, wie wir wollten … würden wir x abschaffen, y verbieten und z in die Mülltonne treten.“ Doch gesellschaftliche Normen, Gesetze oder beispielsweise auch verwandtschaftliche Beziehungen zwingen uns, xyz zähneknirschend hinzunehmen, uns damit zu arrangieren.

Wie auch schon bei anderen Gelegenheiten stelle ich wieder mal fest, dass mich ausgerechnet der verhasste Lateinunterricht für mein Leben entscheidend geprägt hat. Bei Toleranz denke ich nicht an Aufgeschlossenheit, Offenheit oder Vorurteilslosigkeit (Definitionen aus dem Duden), sondern an einen Lehrer, der uns Schüler_innen immer wieder auf lateinisch erklärte, wir hätten gar keine andere Wahl, als ihn bis Ende des Schuljahrs zu erdulden, zu ertragen = tolerare. (Leider bekomme ich den Satz auf Latein nicht mehr zusammen, obwohl ich ihn so oft gehört habe).

Die Woche vom 15. Bis 21. November hat die ARD zur Themenwoche Toleranz erklärt. In Dokus, Talkshows und Spielfilmen soll das Thema aufbereitet werden.

 

Schwarz = Ausländer und Homosexualität = schwul = unnormal. Dass Kinder Nervensägen sind, wissen alle Eltern wohl am bestens, trotzdem wünschen sie sich oft gleich zwei oder gar drei. Und bei Rollstuhlfahrer_innen geht’s erst gar nicht nach Sympathie oder gemeinsame Interessen, sondern es heißt: entweder Freundschaft oder Außenseiter.

Man habe doch nur etwas provokant formuliert, hieß beim Hessischen Rundfunk. Nun, wer solche Fragen stellt, sollte sich auch überlegen, was passiert, wenn die Antworten nicht provokant gemeint sind, sondern eine feste Überzeugung wiedergeben?

Allen Ernstes will man bei der ARD beispielsweise darüber diskutieren, ob Menschen wie die Liebste und ich normal sind und ob man uns ertragen muss. Und wenn nun dabei herauskommt, dass wir 1. nicht normal sind und 2. nicht verlangt werden kann, uns zu ertragen, was passiert dann? Werden wir dann zwangstherapiert, in unseren Wohnungen eingesperrt oder gar abgeschafft?

„Die ARD Themenwoche ist ein Griff ins Klo“, fasste es @Tugendfurie auf Twitter zusammen. Dem ist vielleicht nur noch hinzufügen, dass wir diesen Klogriff mit unseren Gebühren finanzieren.

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