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Lebenspartnerinnenschaftsgesetz

Am 5. Dezember 2003 haben sich zwei Freundinnen von uns im Heidelberger Landratsamt das Jawort gegeben.
Genau in jenem Zimmer, wo mehr als zwei Jahre zuvor auch die Liebste und ich geheiratet haben.

Dieses Mal war ich als Trauzeugin dort, und die Zeremonie war genauso schön wie bei uns.

Im Vorlauf hatte es keinerlei Schwierigkeiten mehr gegeben. Kein Vergleich mehr zu dem, was uns damals passierte. Es hat sich eingespielt und das Landratsamt gibt sich viel Mühe, alles feierlich zu gestalten.

Dies nur als Vorbemerkung, nehmt Folgendes aus dem Jahre 2001 als eine Geschichte aus der schlechten alten Zeit, die glücklicherweise vorbei ist.

Februar 2004-02-22
Nele Tabler

Liebe Leserinnen,

das neue Gesetz zur Eingetragenen LebenspartnerInnenschaft, ab und zu auch mal salopp als Homoehe bezeichnet, passt so einigen PolitikerInnen nicht in den Kram.

Als der Freistaat Bayern Hand in Hand mit dem Freistaat Sachsen versuchte, mittels einstweiliger Verfügung durch das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung des Gesetzes zu stoppen und bekanntlich damit scheiterte, waren sich Lesben und Schwule mit so manchem Presseorgan einig: die Bayern und Sachsen sind intolerant, homophob und politisch rabenschwarz. Auch das Land Thüringen, das sich der Klage der beiden Freistaaten anschließen will, fällt in diese Kategorie.

Das Land Baden-Württemberg, das sogenannte Musterländle, derzeit vorgestellt in diversen Werbespots mit Motto „Wir können alles, nur nicht hochdeutsch“, ist eigentlich ein politisch rabenschwarzes Land, auch wenn es derzeit von einer CDU/FDP Koalition regiert wird. Vielleicht ist es dieser Koalition zu verdanken, dass sich Baden-Württemberg nicht der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angeschlossen hat.

Doch das ist kein Grund zum Jubeln, denn Baden-Württemberg scheint sich zu einem Sonderweg entschlossen zu haben. Klammheimlich und kaum beachtet von der Öffentlichkeit, die voll damit beschäftigt ist, sich über Bayern und Sachsen zu mokieren.

Meine Liebste und ich leben in Baden-Württemberg und waren doch sehr erstaunt, als nur knapp drei Stunden nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht folgende Mail eintrudelte:

Das Innenministerium wird die nach der Ablehnung notwendigen Schritte jetzt einleiten müssen. Im Wege einer ´Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes´, die noch heute in eine kurzfristige Anhörung zum Landkreistag, Städtetag und Gemeindetag geht, werden wir das unbedingt Notwendige regeln. Vorgesehen als zuständige Behörden sind in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden.

Wir hatten zwar nicht so ganz verstanden, was nun wie vor sich gehen soll, waren und sind aber fest entschlossen, dieses Gesetz schnellstmöglich auch in Anspruch zu nehmen.

Unsere erste Anlaufstelle ist deshalb das Bürgermeisteramt unserer Gemeinde gewesen. Dort wurden wir ans Standesamt verwiesen. Die Standesbeamtin war sehr nett, aber auch hilflos.
Sämtliche Informationen über das neue Gesetz hatte sie genau wie wir bisher nur aus der Presse und keine Ahnung, was wo und wie über die Bühne gehen sollte. Deshalb empfahl sie uns, wir sollten uns doch ans Landratsamt wenden.

Das uns bekannte und unserer Meinung nach für uns zuständige Landratsamt ist im 15 km entfernten Sinsheim. Wir kennen es, weil dort Autos an- und abgemeldet werden.

Die Dame am Telefon war auch recht nett, aber ziemlich verwirrt und meinte, dieses Landratsamt sei nur eine Außenstelle mit Jugend- und Sozialamt.
Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wo eine eventuelle Registrierung der LebenspartnerInnenschaft stattfinden sollte und hatte ebenfalls einzig und allein nur Informationen aus der Presse.
Ihre Überlegung: vielleicht sei ja das Landratsamt in Heidelberg zuständig. Eine kleine Information am Rande: Heidelberg ist ca. 45 km von uns entfernt, mit dem Auto in ca. 30 Minuten zu erreichen, mit dem öffentlichen Nahverkehr dauert es ungefähr 3 Stunden.

Also nächster Versuch beim Landratsamt in Heidelberg. Nach diversen Fehlverbindungen landeten wir schließlich bei Herrn G., der ebenfalls völlig uninformiert tat, und uns darüber hinaus mitteilte, aufgrund größere Umbaumaßnahmen könne das Gesetz derzeit sowieso nicht ausgeführt werden.

Durch einen Artikel in der hiesigen Lokalzeitung kamen wir auf die Idee, es mal beim Standesamt der Stadt Heidelberg zu probieren. Der Herr dort erklärte sich ebenfalls für nicht zuständig und gab uns die Telefonnummer der Kommunalen Aufsichtsbehörde, die seiner Meinung zuständig sein müsse. Unter der Telefonnummer meldete sich eine Tiefgarage.

Die Kommunale Aufsichtsbehörde erreichten wir erst nach drei weiteren Fehlversuchen. Auch dort wurde jede Zuständigkeit energisch verneint. Stattdessen bekamen wir eine neue Telefonnummer und zwei weitere Namen.

Bei dieser Nummer meldete sich die Ausländerbehörde. Name Nr. 1 ist derzeit im Urlaub, Name Nr. 2 längst pensioniert, deshalb wurden wir mit Herrn B. verbunden.
Der ließ uns erst gar nicht zu Wort kommen. Zitat: „Jetzt hören Sie mir mal zu!“ Anscheinend hatte sich bereits herumgesprochen, dass da zwei Lesben tatsächlich das neue Gesetz in Anspruch nehmen wollen.
Herr X. schwadronierte dann über Gesetze, die schlicht und einfach nicht in die Praxis umgesetzt werden könnten, ließ sehr deutlich durchblicken, was er von Lesben und Schwulen und ihrem Wunsch nach Ehe hält. Zitat: „Schließlich muss ja ein entsprechend unwürdiger … äh… würdiger Rahmen gefunden werden.“

Stand 25.07.01: 15 Telefonate, 9 GesprächspartnerInnen

Nachtrag:

Am 31. August 2001 haben wir im Beisein von Angehörigen und Freundinnen uns dann getraut…

Wir danken hier ausdrücklich der Amtsleiterin Frau Behle, die die Zeremonie sehr festlich gestaltete, und auch all den MitarbeiterInnen des Landratsamts, die uns beim zufälligen Zusammentreffen im Amt herzlich gratulierten.

 

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