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Neongelbe Zebrastreifen oder Eheöffnung?

Auf stern.de wurde gestern Nachmittag bereits die Eheöffnung im September gefeiert. Der Herbst werde zur neuen Hochzeitssaison für Lesben, Schwule und Bisexuelle hieß es. Dabei konnte sich zu diesem Zeitpunkt Angela Merkel noch gar nicht eine „freie Abstimmung“ vorstellen. Das passierte erst ein paar Stunden später.

„Wir sind einfach zu alt“, sagte die Liebste, als ich sie fragte, weshalb mich diese tollen Aussichten nicht ebenfalls in Feierlaune versetzten. „Wir haben schon zu oft Pferde vor einer Apotheke kotzen sehen.“

Na gut, wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass wir noch nie ein Pferd haben kotzen sehen, weder vor einer Apotheke noch sonst wo. Doch was dieser Spruch impliziert, haben wir schon häufig erlebt. Das können auch Merkels spätere Aussage und die fast schon euphorische Berichterstattung heute früh nicht vergessen machen.

Variante 1

Die CDU erhält die absolute Mehrheit. Unwahrscheinlich zwar, aber falls doch, können wir die Eheöffnung bis zur nächsten Bundestagswahl sowieso vergessen.

Variante 2

Verschiedene Koalitionen unter schwarzer Führung. Da sich nach den Grünen auch SPD und FDP letztes Wochenende für die Eheöffnung als Bedingung ausgesprochen haben, wird das wohl im Koalitionsvertrag stehen. Allerdings nicht als Priorität, sondern unter ferner liefen. Zunächst einmal müssen die Rentenkasse saniert, die Zebrastreifen neongelb umgefärbt und Donald Trump zur Räson gebracht werden. Danach bleibt leider keine Zeit mehr für eine Eheöffnung. Gibt es eigentlich Statistiken darüber, wie viele angeblich feste Vereinbarungen aus Koalitionsverträgen dann doch nicht umgesetzt wurden?

Variante 3

Verschiedene Koalitionen unter schwarzer Führung. Der CDU zuliebe vereinbart man eine gewisse Anstandsfrist und die Eheöffnung wird erst ungefähr in der Mitte der Legislaturperiode, 2020/2021, angegangen. Bis dahin haben sich aber die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat stark verändert, vielleicht gibt es sogar Landesregierungen mit AfD Beteiligung. Das Gesetz wird zwar im Bundestag verabschiedet, scheitert aber im Bundesrat.

Variante 4

Verschiedene Koalitionen unter schwarzer Führung. Die Eheöffnung steht nicht nur im Koalitionsvertrag, sondern wird tatsächlich auch zügig umgesetzt. Danach ziehen die CSU, die AFD, das Land Bayern oder die Herren Kunze, Müller und Krause als Interessenvertreter von Kirche und ähnlicher Gruppen vor das Bundesverfassungsgericht. Und dort entscheidet man nach einer Wartezeit von ein, zwei Jahren gegen die Eheöffnung. Wahrscheinlich nicht einmal gegen die Eheöffnung an sich, sondern wegen falscher Formulierungen oder ähnlichen juristischen Unverständlichkeiten bei diesem einem Gesetz zur Eheöffnung. Allen, die sich das heute nicht vorstellen können, empfehle ich, die beinah unendliche Geschichte des Paragrafen 218 beim Bundesverfassungsgericht einmal nachzulesen.

Variante 5

Verschiedene Koalitionen unter SPD Führung. Die Eheöffnung wird schnell umgesetzt, danach beginnt wie bei Variante 4 der Tanz vor dem Bundesverfassungsgericht.

Nee, wir stellen den Sekt noch nicht kalt.

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