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SPD Kasperletheater im Stuttgarter Landtag

Gestern gab es im Stuttgarter Landtag eine Kasperletheatervorstellung vom Feinsten: Die SPD Fraktion stellte den Antrag, die Ehe auch für homosexuelle Paare zu öffnen. Es handelte sich um einen rein symbolischen Akt ohne irgendwelche Konsequenzen. Genauso gut hätte man darüber abstimmen können, ob Nacktschnecken einen großen Bogen um unser Dorf machen sollen oder Angela Merkel karierte Blazer besser stehen als Gestreifte.

Also stellt sich die Frage, was hat sich die Partei bei dieser Zeit- und Energieverschwendung gedacht?

Im Bundestag, wo ein solcher Antrag durchaus Sinn machen würde, weigert sich die SPD Fraktion bekanntermaßen stur, gemeinsam mit Grünen und der Linken für eine Eheöffnung zu sorgen. Man wolle nicht gegen die Koalitionsvereinbarungen verstoßen, heißt es gebetsmühlenartig. Auch wenn es derzeit kaum jemand von der SPD laut ausspricht, besteht schließlich durchaus die Möglichkeit, dass das Wahlergebnis im September uns weitere vier Jahre GroKo bescheren wird. Da will man doch nicht mit dem Ruf der Unzuverlässigkeit in neue Verhandlungen gehen.

Wäre die SPD keine Partei, sondern ein Mensch, könnte man ihr im Umgang mit Lesben und Schwulen durchaus eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis attestieren. Bereits vor beinah zwanzig Jahren haben SPD Mitglieder der Liebsten und mir versichert, sollte ihre Partei an die Regierung kommen, werde es auch gleiche Rechte für Paare wie uns geben. Heraus kam damals (2001) das Gesetz zur Eingetragenen_Lebenspartnerschaft, das einerseits gewiss ein Fortschritt war. Andererseits entpuppte es sich in vielen Bereichen als Murks, um einmal meinen 86jährigen Vater zu zitieren, der nicht fassen kann, welche Unterschiede es immer noch zur heterosexuellen Ehe gibt.

So weit ich mich erinnere, gab es in den letzten zwei Jahrzehnten keinen Wahlkampf, in dem die SPD nicht in unseren Kreisen auf Stimmenfang ging und das Blaue vom Himmel versprach. Und sobald sie an einer Regierung beteiligt war, wurde jedes Mal wieder das gleiche Trauerspiel mit neuen Darsteller_innen aufgeführt. Statt entsprechender Rechte gab es blumige Ausreden, Schuldzuweisungen an den Koalitionspartner und Vertröstungen auf die Zeit nach der nächsten Wahl.

Nach all den Jahren bequem eingekuschelt in der Nische „unglücklicherweise können wir nicht so, wie wir gerne wollen“, ist man natürlich wenig begeistert von dem Versuch der Grünen, mithilfe des Bundesverfassungsgerichts noch in dieser Legislaturperiode eine Entscheidung über die Eheöffnung zu erzwingen. Ich habe viel zu wenig Ahnung von den juristischen Hintergründen über die Chancen dieser Klage. Aber anscheinend befürchtet die SPD, jetzt zu einer Entscheidung gezwungen zu werden, anstatt im aktuellen Wahlkampf wie gewohnt bei Lesben und Schwulen um Stimmen buhlen zu können.

So erklärt sich dann auch das scheinbar sinnfreie Vorgehen der Stuttgarter Landtagsfraktion. „Rache ist Blutwurst, wir führen die Grünen jetzt mal so richtig vor“, hat man sich wohl gedacht. Und wo könnte das besser funktionieren als in dem Bundesland, das von Grün-Schwarz regiert wird? Scheißegal, dass es sich nur um eine symbolische Geste handelt. Scheißegal, wie man sich selbst in der Vergangenheit zu diesem Thema verhalten hat. Scheißegal, dass die Bundestagsfraktion der eigenen Partei genau das Gegenteil von dem tut, was man im Land fordert. Auf Kosten von homosexuellen Paaren wird eine Landtagsdebatte erzwungen und vollkommen unnötig Peter Hauk und der AfD wieder einmal Gelegenheit für ihre homophoben Tiraden geboten.

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