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The Kids are alright

»The Kids are alright« sei ein »lesbischer Knüller« in der Queer-Kategorie der Berlinale 2010, schrieb die Siegessäule. Ein Lesbenpaar lebt mit seinen zwei Kindern friedlich zusammen, bis die Teenager eines Tages wissen wollen, wer ihr biologischer Vater ist. Sie machen sich auf die Suche nach dem Samenspender und am Ende wird der Papa ins Familienleben integriert.

Ich habe den Film noch nicht gesehen, ja, bis gestern wusste ich noch nicht einmal, dass es ihn überhaupt gibt. Von Filmen und Schauspieler_innen habe ich nur wenig Ahnung, im Kino sind die Liebste und ich das letzte Jahr vor ungefähr zehn Jahren gewesen und auch unsere DVD Sammlung ist mickrig. Zweimal im Monat leihen wird uns einen Film aus, häufig aus der Sparte »Lesben«, weil die wenigsten Titel davon es irgendwann mal ins Fernsehen schaffen. Bekannt kommt uns nur selten etwas vor und so verlassen wir uns in der Regel auf die Empfehlungen: »Kunden, die diese DVD ausgeliehen haben, interessierten sich auch für …«

Gelegentlich haben wir Glück und manchmal sind wir sogar richtig begeistert. Ab und zu jedoch entpuppt sich unsere Wahl als absoluter Missgriff. Denn nicht überall, wo lesbisch draufsteht, sind auch Lesben drin oder es handelt sich bei jenen Damen um solche, von denen manche Heteromänner träumen: Der Film endet bei einem abtörnenden Dreier.

Über kurz oder lang wäre der Berlinale Knüller sicher auch auf unserer Ausleihliste gelandet, wenn da nicht gestern die Tweets einiger lesbischer Expertinnen in Sachen Film gewesen wären:

»Umjubelt ohne Ende. Die Lesbe schläft nach Jahren mit ihrem Samenspender!!« – »Wie kann ein Film, in dem eine lesbische Hauptakteurin mit einem Mann schläft, gut für die Glaubwürdigkeit sein?« – »Herrje wieso konnte die Lesbe ihre Frau nicht mit einer Frau betrügen?« – »Haben die Amis ne andere Definition von Lesbe?? Lesbe= 100 % Bi« –– »Nicht der Film ist das Problem, sondern Lesben, die sich nicht wehren und wundern, dass sie ihre Sexualität nie erstgenommen wird.«

Einen Film zu produzieren ist verdammt teuer und eine Geschichte, der nur Lesben anspricht, wird in den seltensten Fällen ein finanzieller Erfolg werden. Also müssen die Autor_innen und Produzent_innen sich etwas einfallen lassen und häufig heißt die Lösung: Lesbe schläft mal kurz mit einem Mann. Dieser kleine Nebenstrang garantiert Horden von männlichen Zuschauern, obwohl er für die eigentliche Handlung meist überflüssig wie ein Kropf ist.

Viele dieser Filme (und auch Bücher) tragen so dazu bei, die hartnäckigen Vorurteile über lesbische Sexualität zu bestätigen. Selbst Frauen, die schon im Kindergarten wussten, dass sie auf Frauen stehen, sehnen sich anscheinend danach, es ab und zu mal mit einem Mann zu treiben. In Wahrheit können sie doch nicht ganz ohne das andere Geschlecht auskommen und gerade Lesben mit Heteravergangenheit wie ich z. B. müssen sich dann anhören: »Gib es doch zu, in Wahrheit bist du bi …«

Oder wir erleben, wie ein sechsfacher Vater morgens um 5 Uhr vor dem Haus steht, Sturm klingelt und brüllt: »Wir ficken jetzt mal eine Runde. Ihr braucht doch ab und zu mal einen richtigen Schwanz.«

 

 

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