In den letzten zwanzig Jahren habe ich hier schon das eine und andere Mal über die Servicewüste Deutschland und diverse nervige Dienstleister geschrieben. Unvergessen bis an mein Lebensende wird wahrscheinlich jener T-Online Mitarbeiter bleiben, der mir in den Anfangsjahren mal riet, die Festplatte zu formatieren … weil bei T-Online Server ausgefallen waren. Glücklicherweise hatte ich damals wenigstens schon so viel Ahnung von Computern und Internet, dass ich der Empfehlung nicht gefolgt bin.
Vor Kurzem haben wir bei einem Gartencenter Pflanzen und Samen bestellt. Bei BALDUR-Garten, um genau zu sein. Bei unser Suche im Internet hatten wir dort genau die Zusammenstellung an Stauden gefunden, die uns vorschwebte. Doch leider übersahen wir bei der Bestellung, dass außer DHL noch DPD als möglicher Paketdienst angegeben war. Dummer Fehler, ganz dummer Fehler.
Mit Beschwerden über Paketdienste und deren Fahrer*innen könnten wahrscheinlich Hunderte von Büchern gefüllt werden. Es vergeht eigentlich kaum ein Tag, an dem ich nicht auf Twitter, den Online-Ausgaben diverser Zeitungen oder irgendeinem Forum mindestens einen Eintrag, eine Meldung dazu finde.
Auch die Liebste und ich könnten stundenlang von unseren Erfahrungen mit DHL, Hermes, UPS und DPD erzählen. Beruflich und privat, als Geschäftskund*innen, Absender*nnen und Empfänger*innen. Früher in Kleinkleckersdorf war DHL bzw. die normale Post unser Lieblingshassobjekt gewesen. Gefühlt gab es damals mit jeder zweiten Sendung Ärger. Seit wir in Hinnedausch leben, also seit 13 Jahren, ist das vollkommen anders. In all der Zeit hat uns jeder Brief und jedes Paket mal mit dem gelben Postauto, mal mit Hermes oder UPS erreicht.
Bloß mit DPD klappt es nicht. Nicht nur bei uns, viele Nachbar*innen haben ähnliche Geschichten auf Lager. Für DPD sind wir grundsätzlich nicht erreichbar, Pakete verschwinden spurlos und werden aber im DPD System als »zugestellt« gekennzeichnet. Irgendwann beschlossen wir deshalb, Geschäfte, die mit DPD zusammenarbeiten, müssen auf uns als Kundinnen verzichten.
Wie gesagt, bei BALDUR-Garten übersahen wir die Angabe DPD als weitere Versandmöglichkeit neben DHL. Bewusst wurde uns das erst, als die erste Versandmail eintrudelte. Für mich als grundsätzliche Pessimistin war in dem Moment klar: Das wird ein Desaster werden. Tschüss Pflanzaktion über die Osterfeiertage!
Die Liebste, mehr zur Fraktion »Das Glas ist halb voll« gehörend, einer der Gründe, weshalb ich sie liebe, gab sich stattdessen zuversichtlich. »Es muss ja nicht immer schief gehen.« Und berichtete von irgendwelchen Zigtausend Broschüren, die gegen jede Erwartung doch noch pünktlich beim Empfänger angekommen waren. Allerdings nicht mit DPD, wie ich sofort vermutete. Worauf sie sich in Schweigen hüllte und den Namen des Paketdienstes nicht verriet. Von wegen Geschäftsgeheimnis und einer Autorin, die vielleicht einmal alles auf ihrem Blog, in ihren Büchern oder einem Vortrag verwurschteln wird.
In der zweiten Versandmail von DPD hieß es, die Sendung werde zwischen »14:11 und 15:11 Uhr« zugestellt. Bah, was für eine genaue Angabe! Amüsiert fragte ich auf Twitter nach den fehlenden Sekunden.
Glücklicherweise war es ein warmer Tag. Wegen der schlechten Erfahrungen begann ich, gegen 12 Uhr entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Ich kippte ein paar Fenster in Richtung Hof und ließ die Haustür sperrangelweit offen stehen. Vor ein paar Monaten hatten wir mehrere Gitter besorgt, die einen unserer Enkel daran hindern sollten, schmerzliche Bekanntschaft mit den heißen Öfen zu machen. Bei der Gelegenheit hatte sich herausgestellt, diese Gitter eignen sich auch hervorragend als Hundeabsperranlage.
Also, Fenster gekippt, Haustür offen. Ich selbst saß am Schreibtisch, arbeitete am Laptop und hatte freien Blick in den Hof. Die Hunde reagierten zunächst irritiert auf die geöffnete Haustür, schnüffelten ein wenig herum und machten es sich schließlich direkt hinter dem Gitter gemütlich. Ich traute mich noch nicht einmal mehr, aufs Clo zu gehen und attestierte mir inzwischen selbst einen Sprung in der Schüssel. Ein solchen Aufwand für ein Paket zu betreiben, war wirklich ziemlich gaga.
Es wurde 14 Uhr, 14:11 Uhr, 15:11 Uhr, 16 Uhr – kein DPD Auto kam in den Hof gefahren. Es kam überhaupt kein Auto, noch nicht einmal ein Traktor. Wie bei uns tagsüber üblich war es beinah mucksmäuschenstill. Einzig der durchgeknallte Hahn eines Nachbarn krähte zwischendurch mal, was unsere Hunde mit leisem Knurren beantworteten.
Noch misstrauischer geworden, öffnete ich erneut den Sendungsverlauf und musste jetzt lesen, bei uns sei keine*r zuhause gewesen. Deshalb habe man das Paket in einem Paketshop in Buchen abgegeben. Eine Kleinstadt 8 km entfernt. Direkt durch den Wald 8 km, die Straßenentfernung weiß ich gerade nicht. Und nur so nebenbei, im Gegensatz zu DPD haben DHL und Hermes einen Shop bzw. Abgabestelle bei uns vor Ort.
Während ich meinen Zorn in die Welt hinaus twitterte, versuchte die Liebste erfolglos, sich bei BALDUR-Garten und DPD telefonisch zu beschweren. Die einen nahmen erst gar nicht den Telefonhörer ab, die anderen wussten von nichts. Am Ende machte sie früher Feierabend, um noch vor 20 Uhr Ladenschluss das Paket abholen zu können.
Nun, eine Überraschung war es eigentlich nicht: Das Paket war nicht da. Nicht einmal den Paketfahrer von DPD hatten die Damen im Shop an diesem Tag zu Gesicht bekommen. Bis die Liebste wutschnaubend endlich nach Hause kam, hatte sich der Sendungsverlauf von DPD erneut verändert. Jetzt hieß es, das Paket sei in einem Zustellzentrum.
Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag, Ostermontag.
Wo das Paket aktuell ist, weiß anscheinend nur die liebe Göttin und die hat sicher anderes zu tun, als sich darum zu kümmern. DPD kommuniziert nur über Twitter mit uns. Oder besser: wenigstens auf Twitter? Kommt ganz auf die Sichtweise der vollen und leeren Gläser an.
Und BALDUR-Garten? Die Auftraggeber von DPD? Nach ungefähr einer halben Stunde in der Warteschleife mit grusliger Musik bekam ich endlich mit einer Mitarbeiterin telefonischen Kontakt. Es war ein Gespräch der besonders unangenehmen Art.
Wenn bei uns keine*r zuhause sei, könne DPD auch kein Paket zustellen. Wenn wir wüssten, dass wir nicht erreichbar sind, hätten wir gefälligst eine Alternative angeben sollen. Irgendwann werde das Paket schon in diesem Shop auftauchen und es sei unsere Aufgabe, uns darum zu kümmern. Eine Mail mit Screenshots der DPD Nachrichten bräuchte ich erst gar nicht schicken. Der Vorgang werde nun als »bearbeitet« gekennzeichnet und evtl. Mails somit erst gar nicht mehr gelesen.
Es mag nicht die feine Art zu sein, aber irgendwann habe ich fassungs- und sprachlos einfach aufgelegt.
Bereits bezahlte Pflanzen im Wert von 80 Euro verschwunden in der Servicewüste Deutschland irgendwo zwischen BALDUR-Garten und DPD.