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Wo waren wir Frauen, als die Männer zum Mond flogen?

Kanada 1969: Eigentlich führt Fotografin Sascha mit ihrer Lebensgefährtin Odile ein glückliches Leben. Nur die Tatsache, dass die Familie in Belgien glaubt, sie studiere Medizin und sei mit einem Arzt verlobt, macht ihr zu schaffen. Immer wieder übt sie vor dem Spiegel und vor Freunden, wie das lange hinausgeschobene Outing ablaufen könnte. Odile verliert allmählich die Geduld, droht erst mit Trennung und verschwindet dann spurlos.

Belgien, Sommer 1969: Fest entschlossen, ihren Eltern endlich reinen Wein einzuschenken, trifft Sascha in Belgien ein. Doch schon bei der Ankunft geht alles schief. Die Mutter hat ein Fest vorbereitet, um die Heimkehr der frisch gebackenen Ärztin zu feiern. Sogar ein Vorstellungsgespräch in einem Krankenhaus wurde bereits organisiert. Jeder Versuch Saschas, ein ernsthaftes Gespräch zu beginnen, wird mit aufgesetzter Fröhlichkeit und unglaublicher Ignoranz im Keim erstickt.

Das Familienleben gleicht einem Theaterstück, jedes Mitglied spielt eine Rolle und hütet vor den anderen ein vermeintliches Geheimnis. Die Mutter sucht bereits seit 30 Jahren eine Aushilfe für ihre Schneiderei, fürchtet sich vor dem Klatsch der Nachbarn und ist nun schwer krank. Der Vater geht jeden Morgen dem Postboten entgegen, um Mahnbriefe sofort verstecken zu können. Die Großmutter wartet täglich am Bushäuschen auf die Rückkehr ihres vor Jahrzehnten verschollenen Liebhabers. Die kleinwüchsige Schwester klappert Adoptionsagenturen ab, weil sie annimmt, nicht die leibliche Tochter zu sein. Gemeinsam erwarten sie von Sascha, dass diese sich ebenfalls an die Regeln hält und nicht laut ausspricht, was im Grunde genommen bereits alle wissen. Erst an dem Tag, als der erste Mensch den Mond betritt, bricht das Kartenhaus zusammen.

Ein Film über die Liebe, das Outing, falsch verstandene Rücksichtnahme und absurde Spielchen, wie sie wahrscheinlich in vielen Familien vorkommen. Er hat das Attribut „Tragikomödie“ wirklich verdient. Die wilde Entschlossenheit der Mutter, ihre Traumwelt mit aller Macht am Leben zu erhalten, löst zwischendurch zwar mal Aggressionen aus, doch das legt sich schnell wieder. Denn sämtliche Katastrophen werden mit unglaublicher Leichtigkeit und Witz erzählt, eine wirklich düstere Stimmung kommt nie auf. Und so gibt am Ende auch fast so was wie ein Happy End, obwohl klar ist, dass die Mutter sterben wird.

Wo waren wir Frauen, als die Männer zum Mond flogen? (OmU)

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