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ab und zu

»Was hältst Du von dem Artikel über Modelesben in der NEON?« wurde ich über twitter gefragt und nachdem ich ihn gelesen hatte, fiel mir spontan erst mal nur ein: »Göttin, ändern sich manche Dinge denn nie?«

Die Autorin gehört einer anderen Generation von Lesben als ich an und sie lebt in einer anderen lesbischen Welt. Einer Welt, von der ich bei meinen gelegentlichen Ausflügen in eine Großstadt oder beim Lesbenfrühling immer nur Ausschnitte zu sehen bekomme und die mir meist recht fremd ist und es auch bleibt.

Die Klischeelesbe mit Kurzhaarfrisur, Karohemd und heruntergezogenen Mundwinkel sei nicht nur ein Klischee, meint die Autorin eingangs und stellt fest, dass sie als weibliche Frau, die weibliche Frauen mag, eine Minderheit in der Minderheit sei.

Eine Feststellung, die auch schon dreißig Jahren hätte getroffen werden können. Allerdings mit einem kleinen Unterschied: dank Fernsehserien wie L-World haben Femmes oder Lipsticklesben mittlerweile eine gewisse Daseinsberechtigung. Paarkombinationen »weiblich aussehende Lesbe mit weiblich aussehender Lesbe« gelten jedoch immer noch als äußerst ungewöhnlich.

So weit kann ich noch ohne Probleme folgen, doch dann fängt es an, schwierig zu werden. Schöne (= weibliche) Lesben scheint es kaum zu geben, dafür immer mehr attraktive Heten, die sich mal eine Nacht lang mit einer Frau vergnügen wollen.

Also schleppt Lesbe mangels lesbischer Alternativen, die in ihr Beuteschema passen, die Hete ab und verwöhnt sie nach allen Regeln der Kunst. Ein recht einseitiges Unterfangen, denn für sich selbst muss sie quasi eine Bedienungsanleitung herunterbeten, kommt aber trotzdem nicht zu einem Orgasmus und wird am Ende sogar noch gefragt: »Sag mal, fehlt dir nicht was, wenn du immer nur Frauen schläfst?«

»Was für ein Schmarren«, knurrt die Liebste, nachdem sie den Artikel gelesen hat. »Klischeelesben, du Jane, ich Tarzan.« Mit diesem Satz fasste sie die allgemeine Ansicht von Außenstehenden über die Rollenverteilung in unserer Beziehung zusammen und fügte hinzu: »Diese Autorin erinnert mich an S.«

Mich auch. S., die sich jahrelang ausschließlich in Heteras verliebte, vergeblich versuchte, diese zu bekehren, uns stundenlang am Telefon und am Küchentisch ihr Leid klagte und fragte: »Weshalb finde ich keine Frau? Ich will endlich auch mal eine glückliche Beziehung.«

»ab und zu
hin und wieder
und ganz nebenbei
muß ein abend mit frauen einfach sein

doch wenn es ihm zu weit geht
hat der mann natürlich priorität
doch ab und zu «

Das sangen vor vielen Jahren die Flying Lesbians und auch wenn damals Feministin mit Lesbe gleichgesetzt wurde, beschreibt der Text genau das, was die NEON Autorin heute beklagt. Es gibt tatsächlich Frauen, die sich sowohl zu Männern als auch zu Frauen hingezogen fühlen.

Das ist einfach so, und einer Lesbe bleibt nichts anderes übrig, als sich zu entscheiden: entweder einen großen Bogen um diese Frauen zu machen oder sie zu akzeptieren. Aber bitte nicht erst mit ihnen ins Bett gehen und dann sich darüber aufregen. Ich kann nur den Weg empfehlen, den auch S. schließlich gegangen ist: In einer Therapie fand sie heraus, weshalb sie sich immer wieder in die falschen Frauen verliebte.

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