Nur mal so nebenbei
Momentan beobachte ich zunehmend amüsiert, wie die Stuttgarter Demonstrant_innen nicht nur die konservative Politik, sondern auch die »linke Szene« verwirren. So lässt sich mspro darüber aus, was »ihm bei den S21 Gegnern auf die Eier geht«.
Tja, was mir bei ihm auf die Eierstöcke geht, sofern sie klimakteriumsbedingt überhaupt noch funktionieren sollten, ist die Tatsache, dass Menschen wie mspro sich meist überhaupt nicht dafür interessieren, was bei uns hier im Ländle so passiert …
aber Solidarität einfordern, wenn in Berlin oder Hamburg jemand auf die Straße geht. Ganz nach der Devise »Wir Nabel der Welt, Ihr dumme Hinterwäldler und selber schuld, wenn Ihr in der Kirche seid und CDU wählt«.
Ist es fehlendes Geschichtsbewusstsein oder nur pure Arroganz, wenn man ignoriert, dass z. B. die deutsche Anti-AKW Bewegung aus einer ähnlichen Situation heraus wie jetzt in Stuttgart entstanden ist?
Wer schreibt denn über die kleinen Dörfer, wenn fast zehn Jahre lang zäh um das Aufstellen von zwei, drei Windrädern gekämpft werden muss? Fehlende Stromleitungen, immer mehr Christbaumkulturen, miserablen Nahverkehr? Einen Ministerpräsidenten, der nicht gewählt wurde, sondern durch Nachrücken ins Amt kam? Und dieses Nachrücken u.a. Schmutzkampagnen gegen Frauen verdankt (Anette Schavan, Ute Vogt). Wer im Rest der Republik interessiert sich denn dafür, dass ich Lesbe hier in Ba-Wü erst einen Juristen, eine Juristin brauche, bevor ich mich im Krankenhaus behandeln lassen kann, weil der Familienstand »verpartnert« schlicht ignoriert wird?
Wie ich schon beim Thema Netzneutralität geschrieben habe: »Politische Arbeit bedeutet, ganz viele Menschen dort abzuholen, wo sie sich gerade befinden …«
Stuttgart 21 holt die Menschen ab. Wer Veränderungen in diesem Land will, sollte dafür dankbar sein.