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Schlagwort: Oma

Weltfremde Richter und Mannheimer Lösungen

Toni und Chris sind zwei nette Menschen. Sie lernen sich kennen, sie verlieben sich ineinander, sie lieben sich, sie ziehen zusammen. Klein-Toni wird geboren und drei Jahre später kommt Klein-Chris zur Welt. Fast wie im Bilderbuch, eine glückliche Familie mit zwei Kindern. Doch eines Tages läuft es nicht mehr so gut in der Beziehung, es gibt häufig Streit und gerade als Klein-Toni eingeschult wird und Klein-Chris in den Kindergarten kommt, trennt sich das Paar.

 

Chris zieht aus und die Kinder bleiben bei Toni. Oder Toni zieht aus und die Kinder bleiben bei Chris. Ich habe bewusst das Geschlecht der beiden offen gelassen. Denn für den folgenden Ablauf ist es vollkommen egal, ob es sich um Anton und Christiane oder Antonia und Christian oder Anton und Christian oder Christiane und Antonia handelt. Wichtig ist nur: In der Regel geht bei einer Trennung eine Person und die andere bleibt bei den Kindern. Der Einfachheit halber entscheide ich mich jetzt für: Toni bleibt, Chris geht.

8 ½ 9 Stunden am Tag verbringt Toni am Arbeitsplatz, ganz genau wie Chris. Es gibt es Menschen, die erreichen ihre Firma in fünf Minuten zu Fuß. Doch laut den Arbeitsagenturen und entsprechenden Gerichtsurteilen sind durchaus auch Anfahrtswege von bis zwei Stunden zumutbar. So dramatisch muss es ja nun nicht sein, die beiden brauchen für den Hin- und Rückweg jeweils eine halbe Stunde.

Spätestens nach zehn Stunden hat Chris also Feierabend. Toni erst nach elf, schließlich muss morgens Klein-Chris in die Kita gebracht und Klein-Toni bei der Schule abgesetzt werden. Und das geht nicht ganz so schnell, wie unbedarfte Kinderlose sich das häufig vorstellen. Da ist nichts mit Autotür auf, Kind raus, Autotür zu und weg. Ich habe das einmal mit meinem Sohn gemacht – allerdings war an diesem Tag der Kindergarten geschlossen. Glücklicherweise hat die Bildzeitung davon nie Wind bekommen, sonst hätte man mich sicher als Rabenmutter der Nation gebrandmarkt. Und nicht zu vergessen: abends sollte man die Kinder auch tunlichst wieder einsammeln.

Während Chris gemütlich vor dem Fernseher hockt oder sich mit Freunden in der Kneipe trifft, verbringt Toni »Qualitätszeit« mit dem Nachwuchs. Kocht was zu essen, schmeißt die Wäsche in Waschmaschine, liest eine Gutenacht-Geschichte vor. Organisiert Arzttermine und ärgert sich über den Religionslehrer, der Klein-Toni mit einer schlechten Note gedroht hat, weil das Heft auch nach zwei Tagen noch nicht mit einem lila Umschlag verhüllt ist.

Die Richter des Bundesgerichtshofs halten das für eine gerechte Aufgabenverteilung. Schließlich zahlt Chris ja Unterhalt für die Kinder, dann kann Toni ruhig auch was tun, scheinen sie zu denken. Heutzutage ist die Kinderbetreuung doch gar kein Problem mehr. Ab 2013 besteht sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Schluss mit nur halbtags arbeiten und danach stundenlang faul auf der Couch rumliegen. Von der »Mannheimer Lösung« für diesen Rechtsanspruch scheinen die Herren beim BGH noch nichts gehört zu haben: Um Krippenplätze anbieten zu können, wurden einfach die Hortplätze gestrichen. Im neuen Schuljahr stehen in der Quadratestadt geschätzte 500 – 1000 Kinder nach Schulschluss auf der Straße.

Manchmal da überkommt es mich und ich sehne mich nach einem Baby. So einem kleinen Wesen, das ich herzen und knuddeln kann. Vor Kurzem erst ist Gianna Nannini Mutter geworden, obwohl sie sogar noch ein paar Monate älter ist als ich. Gelegentlich ein verführerischer Gedanke, dennoch wäre das aus vielen Gründen keine Option für mich. Also gerate ich in diesen sentimentalen Momenten in Versuchung, zum Telefonhörer zu greifen und meinen Kindern unmissverständlich nahe zu legen, endlich ihre Kinderplanung in Angriff zu nehmen. Schließlich hat mich neulich erst ein Dreijähriger als »alte Oma« tituliert. Und ganz bestimmt würde ich sofort damit anfangen, Söckchen und Mützchen zu stricken.

Doch mit klarem Kopf und bei einer realistischen Sicht auf die Zustände kann ich ihnen eigentlich nur empfehlen: Solange derart weltfremde Urteile gefällt werden und Stadtverwaltungen zu solchen Tricks greifen, lasst das mit dem Kinderkriegen besser sein!

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Jung und Alt an die Wahlurnen

Meine Oma war 94 und schon etwas wacklig auf den Beinen, deshalb habe ich sie ins Wahllokal begleitet. Als wir in der Kabine standen, brüllte sie – sie war fast taub und nahm an, andere Menschen seien es ebenfalls -: »Wo soll ich denn jetzt mein Kreuzchen machen?«

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Sterben

Irgendwann in der Viertelstunde zwischen dem Frühstück und dem wöchentlichen Besuch des Hausarztes muss sie beschlossen haben, dass es nun reicht. Vielleicht hing ihr die Marmelade zum Hals raus, vielleicht schmeckte ihr der Tee nicht mehr. Vielleicht hatte sie sich auch nur ausgerechnet, dass sie nun bereits ungefähr 36.000 Mal morgens aufgestanden und abends wieder ins Bett gegangen war.

Als der Arzt kommt, sagt er nicht wie sonst immer: »Sie haben einen Blutdruck wie ein junges Reh!«, sondern holt sein Stethoskop aus der Tasche und horcht sie ab.

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Begegnung mit einer unheimlichen Art

So manche Hausfrau soll angeblich stolz darauf sein, dass man bei ihr vom Boden essen könnte. Nun, die Liebste und ich sind stolz darauf, dass bei uns niemand vom Boden essen muss. Nicht einmal »man«. Bei uns dürfen sich alle an einen Tisch setzen und bekommen sogar einen Teller. Wir sind uns darin einig, die Hausarbeit auf das Nötigste zu beschränken, und können seelenruhig dabei zusehen, wie sich das Geschirr in unserer Küche bis an die Decke stapelt und dort ein Stelldichein mit den Spinnweben hält. Solange wir noch eine saubere Tasse im Schrank haben, geht das in Ordnung. Hundehaare, Körbe voll Bügelwäsche? Na und? Und der Mülleimer gilt auch erst dann als voll, wenn er Anstalten macht, sich selbst zu entsorgen.

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