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Als Oma unser Sexleben rettete

In der letzten Zeit ging es mit unserem Sexleben ziemlich bergab. Und wenn ich nun hier den Begriff in der letzten Zeit benutze, dann beschönige ich eigentlich. Denn ganz ehrlich, meine Liebste und ich, wir waren in die Beziehungsfalle geraten.

Je länger zwei Lesben zusammen sind, desto schwesterlicher wird ihr Verhältnis. Das ist nachzulesen in fast jedem Ratgeber für die moderne lesbische Frau, der in keinem Haushalt der Community fehlen darf.


»Uns wird das einmal nicht passieren«, behauptete ich energisch, als mir eine Freundin vor Jahren von dem Null Bock Gefühl im Bett mit ihrer langjährigen Beziehung erzählte. Und gab ihr den Rat, es doch mal auf dem Teppich zu versuchen.

Doch, Hochmut kommt vor dem Fall, sagt ein altes Sprichwort. Warum sollten wir denn so anders sein als andere?

Die Erotik ging flöten, was blieb war der Alltag. Keine Zeit, keine Lust. Geschirrspülen und Fensterputzen nahmen uns allmählich ganz in Anspruch. Gelegentlich ein Küsschen und eine Umarmung – doch abends nur noch mit einem Buch ins Bett. Fest in die Bettdecke gekuschelt von anderen Lesben, die die tollsten erotischen Abenteuer erlebten, zu lesen, war wesentlich entspannender als Gymnastikübungen mit der Frau daneben. Denn wenigstens eine von uns beiden hätte sich ja bewegen müssen, wohl oder übel. Also ließen wir es bleiben und merkten noch nicht einmal, dass uns was fehlte.

Wenn eine von uns beiden sich daran erinnerte: »Da war doch noch was?« und zaghafte Versuche startete, der anderen etwas näher zu rücken, bekam sie zur Antwort: »Heute bitte nicht. Ich habe solche Kopfschmerzen!« Oder Rückenschmerzen oder ein neues Hühnerauge …

Nach sechs Jahren lebten wir so keusch wie die Nonnen in einem Kloster angeblich leben sollen. Wahrscheinlich noch keuscher, ohne jemals ein derartiges Gelübde abgelegt zu haben.

Wir fingen an, uns gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Musste sie denn immer so rumtrödeln? Konnte diese Frau denn nicht einmal an den Müll denken? Weshalb liegen die Messer denn hier und nicht da, wo sie hingehören?

Bis wir zu einer intensiven Bestandsaufnahme unserer Situation kamen, dauerte es aber noch eine ganze Weile.

Wir waren uns einig, dass Erotik und Sexualität einfach zum Leben gehören, und wir unsere Bedürfnisse und Gefühle wieder wahrnehmen und ausleben müssen. Schließlich wollten wir ja zusammenbleiben. Schon wegen des Hundes, welche hätte denn dann das Sorgerecht bekommen?

Aber so einfach auf Knopfdruck lief natürlich nichts. »Wir sollten mal wieder miteinander …«, sagte eine von uns beiden, und die andere gab zur Antwort: »Tja, das sollten wir wohl …«

Wir sahen uns an, fummelten ein bisschen aneinander rum und waren heilfroh, wenn die andere irgendwann sagte: »Ach lass uns schlafen gehen. Morgen ist auch noch ein Tag.«

So ging es also nicht, und die Liebste erinnerte sich dann daran, dass sie vor Jahren mal ein Pärchen kannte: die trieben es immer samstags nach dem Baden. Sehr zum Amüsement der Motorradclique, die ihre Treffen nach dem Sexplan der beiden richten musste.

»Vielleicht sollten wir das ja auch mal probieren«, meinte ich und holte meinen Kalender.
Zwischen Zahnarztterminen, Geburtstagen und Erinnerungen an die Steuererklärung, trug ich mit fettem schwarzen Filzstift an den nächsten vier Samstagen um 19 Uhr SEX ein.

Schnell stellte sich heraus, dass 19 Uhr eine schlechte Zeit war. Im bayrischen Alphakanal begann die Wiederholung der Fernsehserie Löwengrube, und ich hatte bei der Erstaustrahlung einige Folgen verpasst. Also verlegten wir unseren Sex auf 20 Uhr. Doch da wollten wir ja eigentlich Tagesschau sehen. Außerdem, wann sollten wir mit unserem Hund den Abendspaziergang machen?

Wirklich, der Samstag war einfach der schlechteste Tag in der Woche. Wie war es denn mit Freitag?

Am nächsten Freitag ging es nicht, da mussten wir zum Geburtstag der Tante. Am übernächsten war meine Liebste mit Kollegen unterwegs. Am dritten Freitag saßen wir am Abendbrottisch und unterhielten uns darüber, dass es heute nun endlich so weit sei. Wir benahmen uns, als planten wir eine äußerst unangenehme Arbeit wie z.B. endlich mal den Keller aufzuräumen. Als uns das klar wurde, gingen wir dann auch lieber in den Keller und räumten auf.

Am nächsten Tag suchte ich bei Onlinebuchhändlern nach Sexleitfäden für Lesben. Seit ich den letzten gekauft hatte, war doch einiges dazu gekommen, und ich bestellte gleich drei Bücher. Sicher ist sicher.

Als die Bücher kamen, lagen wir abends wenigstens mal wieder eng aneinandergekuschelt im Bett und betrachteten die Bilder. Mehr passierte allerdings nicht. So anregend war es nun auch wieder nicht. Aber wir glaubten nun endlich den Grund für unsere Lustlosigkeit entdeckt zu haben, uns fehlten einfach die passenden Spielzeuge. Also wälzten wir als nächstes im Bett diverse einschlägige Kataloge.

»Bei einem Blick auf diese Preise und auf unsere Finanzen vergeht mir alles!«, meinte die Liebste erbost. Dann warf sie noch einen zweiten und dritten Blick in den Katalog, stand auf und marschierte in die Küche.

Als sie wiederkam, hatte sie eine Mohrrübe und eine Zucchini dabei. Ich protestierte heftig. Die Zucchini war mir zu groß, die Mohrrübe zu krumm. Und außerdem, mit Essen spielt frau nicht, so lange in der Dritten Welt die Kinder verhungern. Seufzend trug die Liebste das Gemüse zurück in die Küche.

Mittlerweile waren bereits viele Wochen vergangen, und ein weiteres Hindernis hatte sich auf unserem Weg zu einem neuen erfüllten Sexleben aufgebaut. Oma war bei uns eingezogen.
Nun konnten wir erst recht nicht mehr so wie wir wollten, wenn wir denn gewollt hätten.

Eines Abends, oh Wunder, da schien sich wieder was zu regen. Wir saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher, als langsam die Hand der Liebsten in Richtung meines Busens rutschte … gerade als ich Anstalten machte, mich etwas günstiger hinzusetzen, ging am anderen Ende Wohnung eine Tür auf.

»Ja, wo sind sie denn alle?« rief Oma und tapperte den 15 Meter langen Flur Richtung Wohnzimmer. »Niemand da?«

Oh doch, wir waren da! Leider! Wir sprangen auf. Ich rückte meinen Pullover wieder zurecht. Bis Oma bei uns ankam, saßen wir artig jede in einem Sessel, ein ziemliches Stück auseinander.

Glücklich uns endlich gefunden zu haben, ließ Oma sich auf die Couch fallen. »Gell, das Fernsehprogramm ist heute nichts?« stellte sie fest und fragte: »Was macht ihr denn?«

»Daran wirst Du Dich bestimmt nicht mehr erinnern können!« knurrte ich ziemlich böse, aber wohlwissend dass Oma ihr Hörgerät wieder mal auf dem Nachtisch liegen hatte. Die Liebste kicherte, und Oma freute sich, dass wir so gut drauf waren. Während sie uns mit Anekdoten aus ihrer Kindheit unterhielt, gingen die Blicke zwischen der Liebsten und mir hin und her. Wir konnten es kaum erwarten, dass die Alte endlich Leine zog, um übereinander herzufallen.

Heimlichkeiten und Verbotenes üben doch immer noch einen unerhörten Reiz aus … Und deshalb ein Ratschlag, der meines Wissens bisher noch in keinem der Lesbenratgeber aufgetaucht ist. Wenn gar nichts mehr läuft, dann holt Euch die Oma ins Haus. Wir vermieten sie auch stundenweise.

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