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Eine Seefahrt mit der SPD, die ist lustig, hol-la-hi, hol-la-h

Also nee, ich fass es nicht. Da rege ich mich seit mehr als einem Jahr über homophobes Gelabere eines Politikers auf und dann stellt sich heraus, es war ja ganz anders gemeint gewesen! Himmel noch mal, diese umsonst verärgerten Nervenzellen will ich aber ersetzt haben! Ich brauche sie dringend für andere Gelegenheiten.

Gestern hat mich eine liebe Leserin auf einen Artikel bei SpOn hingewiesen. »Mach was draus!«, schrieb sie und neugierig klickte ich den Link an. Ein Kreuzfahrtschiff namens Daphne wird zurzeit in Kreta festgehalten, weil die Reederei bei irgendwem Schulden haben soll. Die Passagiere wurden inzwischen mit einem Sonderflugzeug nach Deutschland zurückgebracht und weitere geplante Fahrten des Schiffs erst einmal abgesagt.

Pech für die Urlauber_innen, denkt frau da, aber warum soll mich das interessieren? Selbst wenn wir die finanziellen Mittel für eine solche Reise hätten, käme sie für uns nie infrage. Die Liebste wird schon allein beim Anblick eines Ruderbootes seekrank, und als wir einmal einen Minifluss mit einer Fähre überqueren mussten, lag sie danach drei Tage lang im Bett. Nebenbei: die Tatsache, dass ich auf Brücken ähnlich reagiere wie sie auf Schiffe, macht gemeinsame Unternehmungen manchmal ungeheuer kompliziert.

Aber zurück zu jener Daphne, die da in Kreta vor Anker liegt. Was sollte denn dieser Hinweis? Die Antwort ist einfach, dieses Kreuzfahrtschiff gehört der SPD. Na ja, juristisch gesehen wird es von einem Reisebüro der SPD exklusiv vermarktet, was wohl einerseits nicht ganz dasselbe ist, andererseits aber eine Unterscheidung wäre, die in den Bereich der Erbsenzählerei gehört.

Eine Partei besitzt also ein Kreuzfahrtschiff. Wieder mal was Neues gelernt. Und nicht etwa die FDP, bei deren Klientel ich das vielleicht noch verstehen könnte, sondern die Sozialdemokratische Arbeiterpartei. Ja, ich weiß, haha, Arbeiter? Mein Opa schlägt in seiner Urne gerade wahrscheinlich Saltos, der wollte mir schon in den Siebzigern nicht glauben, dass Helmut Schmidt ein SPD Bundeskanzler ist.

Nächste Frage: Welche Menschen gehen denn da an Bord, um über die Weltmeere geschippert zu werden? Der typische Arbeiter und die typische Arbeiterin, die »kleinen« Angestellten, die Minijobber_innen und Hartz IV Bezieher_innen, die arbeitslosen ehemaligen Schleckermitarbeiterinnen vermutlich nicht, die können sich einen solchen Luxusurlaub nicht erlauben. Nein, das wird wohl die Wählerschaft der FDP sein, also denjenigen in unserer Gesellschaft, die nicht auf eine Anschlussverwendung warten müssen. Diese werden also von der SPD umsorgt und bespaßt, damit sie nach dem Urlaub bei der nächsten Wahl ihr Kreuzchen auch bei der richtigen Partei machen. Nämlich bei einer, die nicht mit S anfängt.

Weil es aber in unserem Land nicht genügend Hoteliers, Ärzte und Apotheker gibt, um das Kreuzfahrtschiff auf Dauer auszulasten, muss die SPD sich natürlich ständig um weitere Kundschaft bemühen. Hier kommt nun der Landtagsabgeordnete Nikolaos Sakellariou ins Spiel. Als er den homosexuellen Beamt_innen sagte, die angedachte Höhe der Nachzahlung reiche schließlich für eine Kreuzfahrt, war das ganz und gar nicht homophob gemeint gewesen. Nein, er hatte nur Marketing in seiner Eigenschaft als Miteigentümer eines Kreuzfahrtschiffs (oder eines Reisebüros) betrieben und vergessen zu erwähnen, dass er gerade nicht als Politiker spricht. So was aber auch.

Und zum Schluss noch eine etwas ernstere Anmerkung: Bei homophoben Sprüchen unterscheide ich immer sehr genau, wer was wann bei welcher Gelegenheit zu wem sagt[1]. An einen Landtagsabgeordneten der SPD aus dem Bereich Finanzen, der sich der Presse gegenüber äußert, lege ich andere Maßstabe an als bei Bauer Ewald, wenn er am Stammtisch nach dem fünften Bier vom Leder zieht. Es erschreckt mich, dass Nikolaos Sakellariou sich bis heute weder für diese Aussage entschuldigt hat noch sie von seiner Partei, ja noch nicht einmal von den Schwusos, kritisiert wurde.


[1] Gilt z. B. auch bei Frauenfeindlichkeit, siehe Antje Schrupp.

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