Am Wochenende haben wir uns zwei Staffeln von Brothers & Sisters angesehen. In einer der ersten Folgen beschwert sich die Mutter (Sally Field), weil ihr schwuler Sohn sich weigert, sie mit zum CSD zu nehmen. Später ist die Rede davon, dass die Mutter als Mitglied eines Vereins oder einer Gruppe „Eltern von lesbisch-schwulen Kindern“ beim CSD mitgelaufen sei.
Am 9. August wird der CSD Rhein-Neckar unter dem diesjährigen Motto „Different Not Dangerous!“ wieder durch die Mannheimer Quadrate ziehen. Obwohl es sich sozusagen um unseren regionalen CSD handelt, sind die Liebste und ich erst einmal dabei gewesen. Der Augusttermin lag und liegt einfach sehr ungünstig und passt(e) nie in unsere Zeitplanung. Trotzdem haben wir in einem Schatzkästle Kondome, Streichholzschachteln, Aufkleber, Bonbons und noch mehr Kleinigkeiten, die jedes Jahr von den teilnehmenden Gruppen aus dem Rhein-Neckar-Raum unters Volk gebracht wurden.
Es sind Mitbringsel einer Tante, die vor knapp zwei Jahren überraschend gestorben ist. Angeblich war sie von Anfang an bei jedem CSD in Mannheim als Zuschauerin dabei gewesen. Als wir zum ersten Mal davon hörten, reagierten wir irritiert, gaben uns aber mit der Erklärung über drei Ecken, sie ginge schließlich auch zu jedem Faschingsumzug, zufrieden. Wir gewöhnten uns an ihre Ausbeute, die meist über verwandtschaftliche Umwege irgendwann in den Wochen nach dem CSD bei uns ankam, und stellten bei den seltenen persönlichen Begegnungen keine Fragen.
Familiengeheimnisse, die fast alle kennen, aber keine_r zum Thema machen will. Wir wussten, dass ihr Sohn schwul war. Unsere Oma hatte es uns irgendwann erzählt und wir hatten ihn sogar direkt darauf angesprochen. Sozusagen von offen lebenden Lesben zur schwulen Klemmschwester. Seine Reaktion war helle Empörung über diese Unterstellung. Wie unsere Oma dann darauf kam? „90 Jahre Lebenserfahrung“, war ihre knappe Antwort gewesen. Dennoch, mit der Tante, ihrer Tochter, hat sie nie darüber geredet. Und wir auch nicht. Ging uns das was an?
Gestern, als Sally Field sich in der Rolle der Nora Walker darüber beschwerte, dass ihr Sohn sie nicht mit zum CSD nahm, musste ich an die Tante denken und bekam das Heulen. Wie sie Jahr um Jahr einsam und allein als Zuschauerin zum CSD ging, weil „sie Spaß an Faschingsumzügen hatte“ …