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Kategorie: Alltag

Der perfekte Mensch ist nicht homosexuell und hat keine roten Haare

Es muss sehr dramatisch zugegangen sein an jenem Januartag 1938. Die Geburt wollte einfach nicht vorangehen und schließlich stellten die Ärzte meinem Großvater eine Frage. Seine Antwort hat das Leben der nachkommenden Generationen beeinflusst und spielt selbst noch bei denen, die ihn nie persönlich kennengelernt haben, eine Rolle.

Das Kind sei an der Gebärmutter festgewachsen, hieß es, und man müsse nun eine Entscheidung treffen. Sollte die Mutter oder das Kind überleben? Der Familienfama zufolge hat mein Großvater keinen Moment gezögert und sich pragmatisch wie immer erwiesen. Er hatte schon drei Kinder, aber nur eine Frau. So packten die Ärzte den Kopf des Babys mit einer Zange, zerrten es mit brutaler Gewalt hinaus in die Welt und zerquetschten dabei einen Teil des Gehirns.

Zur Überraschung aller überlebte das Mädchen diese Tortour und wurde auf den Namen Inge getauft. Ihre Entwicklung war verzögert, doch bis spätestens zum Schulanfang werde sie den Rückstand aufgeholt haben, erklärte man meinen Großeltern. Angesichts der Zeiten stellten Ärzte eine Bescheinigung aus: Die Behinderung sei eindeutig auf Komplikationen während der Geburt zurückzuführen und beruhe nicht auf einem genetischen Defekt.

Aus dem Termin Schulanfang wurde die Pubertät, und nachdem weder unzählige Ärzte noch ein Geistheiler mit Handauflegen hatten etwas ausrichten können, musste selbst meine Großmutter die Tatsache akzeptieren, dass ihre jüngste Tochter geistig und körperlich schwer behindert war.

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Generation 50plus

Ich habe ein neues persönliches Unwort. Viele Jahre stand die »Ruderoma« unangefochten an oberster Stelle meiner Liste. Doch nun wurde sie von der »Generation 50plus« abgelöst.

Ich frage mich schon seit Längerem, wer oder was das sein soll? In Fragebögen taucht unter Alter häufig die Rubrik »49 und älter« auf. Das scheint eindeutig: Alle Menschen über 49 Jahre gehören der ein- und derselben Gruppe an. Meine Meinung, meine Interessen, meine Lebenserfahrung scheinen demnach identisch mit denen meiner 98 jährigen Nachbarin zu sein. Anders kann mich mir diese Einteilung nicht erklären.

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Glaube, Kirche und Kirchensteuern

Es ist drei, vier Wochen her, als ich meine »Bio« bei Twitter aktualisierte und eine weitere Beschreibung meiner Person hinzufügte: Protestantin. Ausgerechnet ich, die große Teile ihres Lebens damit verbracht hat, die Kirche zu kritisieren und mich über sie aufzuregen, halte es mittlerweile für nötig, meine Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche sozusagen als Schild vor mir herzutragen.

Dabei ist das mit meinem Glauben so eine Sache. Genau weiß ich eigentlich nur, was ich nicht glaube: an einen bärtigen Mann mit weißem Gewand. Ansonsten wird es schwierig und hängt häufig auch von meiner Stimmung ab. Passiert eine Naturkatastrophe wie neulich das Erdbeben in Haiti, teile ich diesem Wesen da oben oder wo auch immer es sein mag, schon mal mit, dass ich ab sofort gar nichts mehr glauben werde. Ganz nach dem Motto: »Das haste nun davon!«

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